Kolumne Habseligkeiten: Good Cop, Bad Cop, Papst & Obermann
Was haben die katholische Kirche und die Deutsche Telekom gemeinsam?
E ines Donnerstags wachte ich auf, da funktionierte das Internet nicht mehr. Die Frau im Call Center meinte, es läge an einer Großstörung, die nicht behoben werde, weil der Papst in der Stadt sei. Wir konnten nachmittags schon eine Stunde lang unsere Straße wegen dieses alten Mannes nicht überqueren, da erschien es mir auch schlüssig, dass er etwas mit unserem DSL-Fehler zu tun hätte.
Am Montag danach funktionierte unser Internet noch immer nicht und ich überlegte, ob es eher an René Obermann läge. Vielleicht wollte der Telekomchef sich an Berlin rächen, weil so viele die Piraten gewählt hatten, die ja Internet für alle fordern oder so ähnlich. Die Leute in der Hotline baten um Geduld. Die Großstörung sei bald behoben.
Ich wartete und dachte an all die schönen "Ich hasse die Telekom"-Artikel, die uns früher in der Redaktion fast täglich angeboten wurden. Seit Jahren war dieses viel geschriebene, aber selten gedruckte Genre ausgestorben. Hatte sich die Telekom inzwischen gebessert? Oder war die Front einfach verfranst, weil inzwischen so viele zu anderen Anbietern gewechselt waren?
ist Redakteurin im taz-Ressort "Gesellschaft, Kultur & Medien".
Nach weiteren 24 Stunden ohne DSL war ich begeistert, wie viel ein Mensch an einem Tag erledigen konnte. Die Wäsche moderte nicht mehr in der Maschine, die Kontoauszüge waren sortiert, ich hatte sogar mit den Kindern "Memory" gespielt. Mehrmals.
Donnerstags rief ich das Call Center an, um zu erfahren, wie es um die Leitung stünde. Ein freundlicher Mitarbeiter versprach, ein Techniker würde sich morgen melden. Leider verpasste ich den Anruf, rief zurück, wurde aber nicht verbunden. Beim Router blinkte das DSL-Lämpchen, das eigentlich leuchten sollte, und langsam fing die Angelegenheit an, hässlich zu werden.
Ich solle mich gedulden, sagte die Frau am Telefon, der Techniker würde sich melden. Tat er aber nicht. Der Mann, mit dem ich am nächsten Tag sprach, wollte mir auch nicht versprechen, dass der Techniker zurückriefe und konnte mir auch nicht sagen, was in meinem Fall schiefgelaufen sei. Auf seinem Tisch stünde keine Glaskugel, in die er schauen könne, und wahrscheinlich läge es am Router, ich könne mir gerne kostenpflichtig einen Techniker kommen lassen.
"Aber der Router ist doch von der Telekom!", sagte ich, okay, schrie ich und vielleicht lag es am Geschrei, dass er irgendwann auflegte. Ich war, nach Tagen ohne DSL, langsam nicht mehr klar im Kopf. Richtigerweise hätte ich sagen sollen: "Mein Router ist ein Leihgerät der Telekom, kein halbes Jahr alt und wenn er kaputt ist, dann hat die Störung ihn zerschossen."
Am nächsten Tag sagte ich zehnmal: "Ich bleibe freundlich und gelassen!", dann rief ich das Call Center an. Es half. "Sie haben", erklärte die nette Frau am Telefon, denn bei der Telekom spielen sie Good Cop/Bad Cop, "wahrscheinlich eine Störung am Router, ich schicke Ihnen sofort ein neues Gerät."
Wieder zwei Tage später leuchtete die DSL-Lampe am neuen Gerät, die Leitung stand, ich konnte ins Netz. Die Großstörung, erfuhr ich noch, habe etwa 100 Leute betroffen. So geht es, dachte ich, der Telekom genau wie dem Papst: Ihr laufen die Mitglieder davon.
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