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Kolumne GerüchteSeidenmäntel und Rollklaviere

Jeder Mensch hat eine tolle Geschäftsidee. Auch ich. Das müsste auch Westerwelle schätzen.

A uch ich habe eine brillante Geschäftsidee. Denn irgendwann muss es losgehen mit dem Richtig-Geld-Verdienen, der privaten Altersvorsorge, dem erfolgreichen Kleinunternehmertum. Wer will sich schon "anstrengungslos" dem "Wohlstand" hingeben, wie FDP-Chef Guido Westerwelle NichtleistungsträgerInnen geißelt. Eigenverantwortung. Märkte entdecken. Das ist es.

Die Sache mit den chinesischen Morgenmänteln im Krankenhaus etwa, ein "toller Vorschlag von ihnen," hatte Chefarzt D. geschwärmt. Bei einem ungeplanten Klinikaufenthalt war ich draufgekommen. Auf den Fluren schlichen Menschen in hässlichen Frotteemänteln herum, teilweise sogar mit Streifenmuster, als befände man sich in einer Sträflingskolonie.

Mit Chefarzt D. saß ich dann zusammen, die leicht berauschende Wirkung von Schmerzmitteln noch im Kopf. Er sagte zu, sich prozentual an meiner Superidee zu beteiligen. Als fliegende Händlerin würde ich mit zwei großen Kisten voller buntglänzender, bestickter, aber preiswerter chinesischer Morgenmäntel von Klinik zu Klinik reisen. Auf den Gängen würde ich die Ware feilbieten. Für PatientInnen, die wie ich tagelang durch Klinikflure schleichen müssen, in abgetragenen Bademänteln mitleidigen Blicken attraktiver Ärzte ausgesetzt. Schluss damit! Die Stücke würden mir aus der Hand gerissen. Das Krankenhauswesen, auch das Heimwesen, könnten sich verändern. Buntheit und Schönheit würden einziehen in die Flure und die Stimmung heben.

privat

Barbara Dribbusch ist Inlandsredakteurin der taz.

"Rechne dir mal die Sache aus", hatte Britt zu bedenken gegeben, "wie viel Kliniken gibt es in Berlin? Haben die Leute das Geld, sich im Krankenhaus einen neuen Morgenmantel zu kaufen? Und dann musst du alle Größen erst mal anschaffen und vorhalten und brauchst ein größeres Auto. So was kann schiefgehen". Vielleicht hatten Britts vernichtende Worte damit zu tun, dass Thomas kurz zuvor ihre Geschäftsidee mit dem Biobrötchenservice zerpflückt hatte. Allmorgendlich frisches Ökogebäck an die Frühstückstür. Ist da nicht Bedarf? "Du musst an jede Tür liefern und verdienst immer nur ein paar Cent. Außerdem frühstücken die Leute zu unterschiedlichen Zeiten. Und was machst du, wenn die Brötchen von der Tür weggeklaut werden?", hatte Thomas gesagt. Ja, das Leben. Ist immer anders als die Ideen im Kopf.

Immerhin war die Sache mit den Biobrötchen realistischer als die Idee unserer Freundin und Hartz-IV-Aufstockerin Tine, die schon immer "was mit Tieren" machen wollte. Tine träumte davon, im Schlosspark Charlottenburg Ponykutschenfahrten anzubieten. "So was gibt es noch nicht", hatte sie gesagt. Stimmt. Auch heute noch trotten keine Ponys durch den Schlosspark.

Die Chinesen haben ja einige Geschäftsideen umgesetzt. Das muss man ihnen lassen. Rollklaviere zum Beispiel. Eine Superidee, eigentlich. Die zusammenrollbare PVC-Tastatur mit 61 klavierähnlichen Tasten erzeugt einen blechernen Sound und wiegt gerade mal ein Kilo. Das Plastikklavier, ein Weihnachtsgeschenk von Tante Zilly, liegt jetzt leicht angestaubt im Kellerregal. Brauchen wir doch nicht.

Was man wirklich braucht, wird jetzt wieder neu ermittelt. Im Bundesarbeitsministerium. Die neuen Hartz-IV-Regelsätze werden neu berechnet. Auch Sonderbedarfe werden demnächst neu festgelegt. Ich sage nur: chinesische Morgenmäntel! Westerwelle, Sie wollen doch auch die Wirtschaft ankurbeln, das Kleinunternehmertum stärken. Und sagen Sie jetzt bloß nicht, Seidenmäntel in Klinik- oder Heimfluren seien "dekadent". Wie unkreativ. Deutschland braucht neue Maßstäbe.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

3 Kommentare

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  • E
    :)ens

    Genau – gähn-Besserwisser-Kommentare, die sich selbst verüberflüssigen, braucht die Welt ganz sicher noch weniger als Artikel, die man als denkender tunlichst überliest, zumindest nicht zu Ende liest, geschweige denn auch noch kommentiert, wenn man sie langweilig findet.

     

    Denn: Solche Artikel sind wenigstens nicht aggressiv, unangenehm und beleidigend. Und: Sie sind (vielleicht) ja für andere Menschen für was gut (z.B. mich!).

     

    Pepe, Ihr Kommentar ist nämlich scheints nur gut dafür, die Welt an Ihrem Schlechten teilhaben zu lassen. – Wofür eigentlich nochmal?

  • R
    Raphael

    Sollte man beim Kommentieren auch beachten, gel?

  • P
    Pepe

    Gähn! Vielleicht mal lieber nix schreiben, wenn einem nix Gescheites einfällt?!