Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Das Jahr der Schlachtrösser
Am Freitag heißt es: Endlich wieder Bundesliga! Unser Kolumnist schaut jetzt schon auf eine Saison zurück, die noch gar nicht begonnen hat.
W as war das für eine großartige Bundesligasaison 2011/2012!
Es ging los mit dem furiosen 8:0 der Dortmunder am ersten Spieltag gegen den Hamburger SV (der mit der kompletten A-Jugend vom FC Chelsea angetreten war, Neu-Sportdirektor Frank Arnesen - vormals Chelsea - hatte den Massentransfer klargemacht). Der BVB-Trainer Klopp dagegen hatte wieder einmal alle überrascht, als er - schon in diesem Spiel und die ganze Saison über - nicht auf die jungen, sondern die erfahrenen Spieler setzte: auf Sebastian Kehl (32), Patrick Owomoyela (32) und den zurückgeholten Dede (34), dazu im Tor sensationellerweise Teddy De Beer (48), der seine aktive Karriere bei den Dortmundern schon vor zehn Jahren beendet hatte und seitdem als Torwarttrainer tätig war -, es war das Comeback des Jahres!
Außerdem hatte Klopp per Blitztransfer die alten Bundesliga-Haudegen Diego Klimowicz (39) und Thomas Zdebel (38) zum BVB gelotst. Der Erfolg gab ihm recht, der zweite Meistertitel in Folge hat ihn schon jetzt bei Borussia Dortmund unsterblich gemacht.
Und wie immer hat Jürgen Klopp auch mit der Oldiewelle einen Ligatrend ausgelöst. Auf einmal war die Euphorie um all die Götzes, Alabas und Draxlers vorbei, und auch andere Vereine holten ihre alten Schlachtrösser raus. Hannover kam mit Michael Tarnat (42) an, Kaiserslautern konterte mit Harry Koch (42), Leverkusen hatte ohnehin gut lachen, man hatte schon 2010 mit dem Einkauf von Michael Ballack visionär gehandelt, schade nur, dass er erst 35 ist.
Der Hamburger Sportverein hat dagegen mal wieder übertrieben: Bei allem Respekt vor Manni Kaltz und seinen Bananenflanken, aber mit 58 war er einfach überfordert und nach einem Foul des Herthaners Maik Franz war sein künstliches Hüftgelenk so deformiert, dass die Saison schon früh für ihn endete.
ist Autor der taz.
Die Enttäuschung des Jahres war sicherlich der FC Bayern. Man hatte so große Pläne mit den Neuen, aber Jérôme Boateng war permanent beschäftigt mit Auswahl und Einfädeln immer neuer neonfarbener Fat Laces, sodass er nicht in der Lage war sich auf dem Platz zu konzentrieren. "Giftnudel" Rafinha fehlte die Hälfte der Saison durch Rot, Gelb- und Gelb-Rot-Sperren. Und Manuel Neuer musste nach der Saison den Verein verlassen und wurde durch den 20 Millionen-Euro-Einkauf Michael Rensing vom 1. FC Köln ersetzt.
Neuers Dauerclinch mit den Ultras
Neuer war am Dauerclinch mit den Ultras von der Fangruppe "Schickeria" innerlich zerbrochen. Diese konnten ihm nicht verzeihen, dass Neuer auch mal so einer war wie sie: ein Ultra, nur eben bei der falschen Mannschaft, bei Schalke. Vor Saisonbeginn hatten sie einen Verhaltenskodex für Manuel "Koan" Neuer verfasst, den der sogar akzeptierte. Darin war festgelegt, dass er zum Beispiel nicht das Bayern-Wappen auf seinem Trikot küssen durfte, er durfte nicht mit dem Megafon Humba-Täterä-Gesänge anstimmen, es war ihm verboten, sein Trikot in die Kurve zu werfen, er durfte sich nicht mal dem Zaun in der Südkurve nähern (und noch nicht mal aus der Ferne der Fangruppe Schickeria den Stinkefinger zeigen).
Gerüchtweise musste er laut diesem Vertrag auch "Der Butt" von Günter Grass lesen und ausschließlich Ketchup von der Firma Kraft essen. Das verdarb ihm erst die Lust und dann die Form. Als Jörg Butt (38) ihn ihm Tor ersetzte, war die Meisterschaft schon verloren.
Vielleicht hätten die Bayern auch nicht Jupp Heynckes schon in der Winterpause entlassen sollen. Sein Nachfolger Lothar Matthäus, der als erste Maßnahme mit der Mannschaft öffentlichkeitswirksam am RTL-Dschungelcamp teilnahm ("Diem-Building!") und das Ganze exklusiv für die Bild kommentierte ("Mein erster Känguru-Hoden!"), war einfach der falsche Mann am falschen Ort. Während der Saison konnte man die "Dagdig" immer schon vor Spielbeginn auf Twitter nachlesen, die besten Weggeh-"Dibbs" in der Bunten ("Meine Top 3 morgens um drei").
Als dann noch Nacktaufnahmen der Mannschaft beim Duschen im Playboy auftauchten (Fotos: Lothar Matthäus) und Lothar sogar die Endoskopiebilder von Arjen Robben an das Ärzte-Journal weitergab, entließ ihn Präsident Hoeneß. Matthäus arbeitet jetzt als Greenkeeper beim FC Bayern. (Seine Erlebnisse sind nachzulesen im Internet-Blog der Zeitschrift Heim und Garten.)
Und wir freuen uns auf die bald stattfindende EM in Polen, Super-Insider-Wetttipps gibt's übrigens bei Lukasz Pisczek (Borussia Dortmund)!
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