Kolumne Älter werden: Die Hundelobby beißt zu!
Verwahrlosung, Wischer, Graffiti, Spielhallen, U-Bahnhöfe, Alkoholverbot, Schmutz. Dagegen ist Frank Henkel (CDU). Doch warum tut er nichts gegen die Hunde?!
L iebe 68er Genossinnen und Genossen! Präliminarien zur Anrede entnehmen Sie meiner (Vertretungs-)Kolumne der letzten Woche – gibt es im Internet auf taz.de ("Internet": Das ist dieses … aber das führt jetzt zu weit, fragen Sie Ihre Kinder, die wissen Bescheid)!
Heute geht es um ernste Dinge! Um Politik! Um Politiker! Um Hunde! Und nun – auf die Straße!
In Berlin gibt es eine Loseblättersammlung mit Namen B.Z. Derzeit featured sie den CDU-Spitzenkandidaten für den Posten des Regierenden Bürgermeisters. Der Mann heißt Frank Henkel. Ich glaube nicht, dass er so blöd ist, wie er in der B.Z. rüberkommt, aber wenn man sich erst mal mit der Journaille einlässt … da könnten wir hier mit unserem knallharten Enthüllungsjournalismus auch einiges erzählen. In der Ausgabe vom 18. Juni diesen Jahres steht Henkel jedenfalls vor einer ganz normalen Hauswand in Neukölln. Mit verschränkten Armen. Hier präsentiert er seinen "7-Punkte-Plan für ein sicheres Berlin".
ist Meinungsredakteur der taz. Er hat die Urlaubsvertretung für Klaus-Peter Klingelschmitt übernommen, der die Kolumne "Älter werden" sonst schreibt.
Die 7 Punkte sind: Verwahrlosung, Wischer, Graffiti, Spielhallen, U-Bahnhöfe, Alkoholverbot, Sauberkeit. Das kann ich hier jetzt nicht alles erläutern (Wischer zum Beispiel - das kennen Sie draußen im Lande eher nicht, schon klar). Alles ganz okay mit Henkels Plan – aber wo sind die Hunde, das einzige Problem, das Berlin wirklich umtreibt? Das bisschen Häufchenkontrolle, das der CDU-Mann anmahnt, ist doch lächerlich! Raus mit den Kötern aus der Stadt! Herrchen - und Frauchenführerschein)! Kompromisslose Durchsetzung der Leinen- und Maulkorbpflicht! Wer beißt, beißt ins Gras – und zwar sofort!
Henkel wagt es nicht, sich mit der Hundelobby anzulegen
Henkel wagt es nicht, sich mit der durch alle Klassen wuchernden Hundelobby anzulegen. Wähle ich nicht. Wähle auch keinen Wowereit und keine Künast, und von dem Linken weiß ich den Namen nicht – wähle ich aber, beim gegenwärtigen Hundekenntnisstand, auch nicht! Hunde gehören in die Handtasche, aufs Land oder in den Zwinger ("Falko" vor der Gaststätte "Pflüger-Klause" darf bleiben. Er hat die Zeichen der Zeit erkannt und spielt ausschließlich mit Spatzen – ein freundlicher Zeitgenosse).
Was ist los mit den Politikern? Wieso haben sie keinen Mumm? Ich bin ja von Haus aus Meinungsredakteur. Ich beschäftige mich mit Texten, nicht mit Menschen. Wenn ich unter die Politiker gerate, habe ich danach das Bedürfnis, zu duschen. Warum?
Beispiel: Ich moderiere auf Bitten eines Politikers kostenlos eine zweistündige, anspruchsvolle Veranstaltung. Danach geht man essen. Werde ich wenigstens eingeladen? Nein, nicht mal ein Bier wird mir gezahlt – ich muss die Zeche prellen. Vor Scham und Ärger muss ich mich zu Hause erst mal duschen.
Beispiel: Ein Politiker einer an sich schon bedeutungslosen Partei soll sich zu Inhalten dieser Zeitung und zu seiner an sich schon bedeutungslosen Partei äußern. Stattdessen erzählt er gefühlte Stunden lang, wo er herkommt und welchen Fußballclub er (deswegen) gut findet. Interessiert mich nicht, tut mir leid. Ich ärgere mich. Ich sage etwas Dummes. Vor Scham und Ärger muss ich mich zu Hause erst mal duschen. Damit zurück an Klaus-Peter Klingelschmitt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen