Kölns politische Jugendorganisationen – Teil 1 der taz-Serie, heute: die Jusos : Der Nachwuchs schießt quer aus Überzeugung
Das Herz schlägt links. Zumindest bei den Kölner Jungsozialisten. Diese politische Orientierung folgt zwar im Prinzip traditionellen Wegen, ist im Schatten der Domtürme aber trotzdem neu. Bisher lag der rund 1.200 Mitglieder starke SPD-Nachwuchs eher auf Linie der Mutterpartei, unterstützte deren Vorsitzenden Jochen Ott bei der Neuformierung der skandalgebeutelten Genossen. Jetzt aber wollen die Jusos ihre Parteifreunde eben wieder links überholen. Juso-Chef Klemens Himpele, der seit Anfang März im Amt ist, gibt beim Richtungswechsel den Ton an.
Der 27-jährige Doktorand der Sozialökonomie kam über sein Engagement in Schüler- und Studentenvertretung zur Politik. Jahrelang war er einer der führenden Köpfe im Aktionsbündnis gegen Studiengebühren. Jetzt will er parteipolitisch Dampf machen – und wird dabei sein einstiges Lieblingsthema natürlich nicht vergessen: „Ich verlange von der SPD ein klares Bekenntnis für ein gebührenfreies Studium.“ Gern wird das an der SPD-Spitze sicher nicht gehört.
Auch sonst schießt Himpele gerne quer. Aus Überzeugung will er wieder das in die Öffentlichkeit tragen, was beim Gebrauch der niedlichen Abkürzung Jusos so schön in den Hintergrund getreten ist: Dass es sich bei dem Nachwuchs eben um junge Sozialisten handeln soll. „Die Gesellschaft muss gerechter sein als das, was Bundeskanzler Schröder mit Hartz IV macht“, giftet Himpele. Und die Regierungserklärung des Bundeskanzlers zum Senken der Unternehmenssteuern griff der linke Kölner Jusovorstand öffentlich an.
Was die Kommunalpolitik im Rathaus angeht, so spricht der innerparteiliche Linksaußen von einer „ziemlich grausamen Geschichte“, die mit dem aktuellen Haushalt ins Haus steht. Kein Wunder, dass da der Unmut schnell auf die rot-grüne Bundespolitik gelenkt wird. „Es ist doch autistisch, die Kommunalpolitik alleine zu betrachten“, gibt Himpele zu bedenken – und plädiert energisch für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen.
Kreativ mit der Situation umzugehen, kein Geld zu haben, das kennen die Jusos freilich aus der eigenen Arbeit. „Die Situation der Kölner SPD ist ja hinlänglich bekannt“, spielt Klemens Himpele auf die Halbmillionen-Schulden der Mutterpartei an. Deshalb ist man vor allem auf Spenden angewiesen: „Das sind keine rosigen Aussichten. Es wird uns aber nicht davon abhalten, politische Arbeit zu machen.“
Zum Beispiel mit Veranstaltungen, bei denen man sich auch mal mit den Referenten richtig zoffen kann. So werden Ende April Ex-Ministerin Anke Brunn und ihr früherer Staatssekretär Wolfgang Lieb (Initiator der umstrittenen „Nachdenkseiten“ im Internet) auf dem Podium einer Jusodiskussion in der Kölner Universität erwartet.
FRANK ÜBERALL