Koch mit Gegenstimme vereidigt: U-Boote in Hessen
Bei seiner Wahl zum hessischen Ministerpräsidenten fehlen Roland Koch (CDU) vier Stimmen. Thorsten Schäfer-Gümbel spricht von einem "Fehlstart".
WIESBADEN taz Jetzt hat auch die CDU ihre Dissidenten. Statt der 66 Abgeordneten, die von den Koalitionsparteien CDU und FDP im Hessischen Landtag gestellt werden, wählten am Donnerstagnachmittag 62 Roland Koch zum Ministerpräsidenten. 52 Abgeordnete votierten mit Nein; dabei verfügten die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke in der konstituierenden Sitzung des Landtags über nur 51 Stimmen, weil sich eine SPD-Abgeordnete krankgemeldet hatte. Eine weitere Stimmkarte wurde als Enthaltung gewertet, und zwei Abgeordnete haben ihre Stimmkarten offenbar gar nicht abgegeben oder nicht markiert. Denn insgesamt wurden nur 115 gültige Stimmen registriert - von 117 anwesenden Landtagsabgeordneten.
Damit steht fest, dass wenigstes ein Mitglied der Fraktion der CDU oder der FDP gegen Koch votierte und sich ein anderes der Stimme enthielt. Dass sich zwei weitere Abgeordnete der Koalitionsparteien entweder nicht an der Abstimmung beteiligten oder bei der Markierung des Stimmzettels mit einem Dorn "nicht richtig durchgestochen haben", wie ein sichtlich geschockter Koch bald nach dem Desaster mutmaßte, macht die Sache für ihn nicht besser. Der neue Fraktionschef der SPD im Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel, sprach denn auch von einem "Fehlstart"; und davon, dass bei Koch "das Fundament bröselt". Koch selbst wiegelte ab: Mehrheit sei Mehrheit; "auch wenn ich mir das alles anders gewünscht hätte".
Nach der offenen Vertrauensabstimmung über das Kabinett nach Artikel 101.4 der Hessischen Verfassung, bei der dann gegen 15 Uhr alle 66 Abgeordneten der Koalition die Hände für die drei Ministerinnen und sieben Minister der neuen Regierung Koch hoben, begann auf den Gängen des Landtags schon die Suche nach den "U-Booten" in den Koalitionsfraktionen. Viele sprachen die Abgeordneten der FDP von jeder Schuld frei. "Die sind doch alle glücklich mit ihrem fulminanten Wahlsieg, ihren vielen Abgeordneten und den drei Ministerposten", räumte selbst ein Koch nahestehender Christdemokrat aus dem Umfeld der Staatskanzlei ein. Dass es bei der Kabinettsumbildung und der Verteilung der Ministerposten vor allem bei der CDU "Verwundungen" (Koch) gab, war schon auf dem Kleinen Parteitag der Union am Wochenende deutlich geworden. Auch für das schlechte Abschneiden der CDU bei der Wahl wurde Koch dort verantwortlich gemacht.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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