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Archiv-Artikel

Koalition der Willigen Mit lautem Getöse zum Mars

Waren die Spannungen im europäisch-amerikanischen Verhältnis schuld? Die kleinen Ungezogenheiten Donald Rumsfelds? Seit neuestem jedenfalls gilt es bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA als undynamisch, nicht mehr zeitgemäß und behäbig, also irgendwie als alteuropäisch, wenn gestandene Wissenschaftler die Öffentlichkeit seriös über den Verlauf und die Ergebnisse von Raumfahrtmissionen unterrichten. Seit kurzem steht die ESA ihrer Schwesterorganisation in der Neuen Welt, der Nasa, in nichts mehr nach, wenn es darum geht, Raumfahrt als Aktionsmelodram zu inszenieren.

Europa sucht auf dem Mars nach Leben, hieß es zu Weihnachten mit großem Getöse bei der ESA. Doch Europa kam nie an. Die PR-Strategie war das Einzige, was an der Mission des Landegerätes Beagle-2 wirklich gut vorbereitet worden war. Mit jedem gescheiterten Kontaktversuch verschwand Beagle-2 mehr aus den Verlautbarungen der ESA. Inzwischen sieht es so aus, als habe es die Mission nie gegeben. Europa entdeckt Wasser auf dem Mars, hieß es dann später mit noch größerem Getöse bei der Esa, schließlich haben deren PR-Experten nach dem Beagle-2-Desaster empfohlen, die Forschungsergebnisse des Orbiters Mars-Express in der Öffentlichkeit deutlich mehr hervorzuheben.

Was an der Wassermeldung stimmt, ist nicht mehr und nicht weniger als das: Die europäische Marssonde hat dort, wo bereits vor Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit Wasser entdeckt wurde, erstmals das Wassermolekül nachgewiesen. Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn, üblicherweise keine Liebhaberin vollmundigen Gedröhnes, sprach gar von einem „gigantischen Erfolg“ für die europäische Raumfahrt. Nun ja.

„Fasziniert“, „überrascht“, „überwältigt“ und noch vieles mehr waren manche Esa-Wissenschaftler auch von den „einzigartigen“, „nie dagewesenen“ dreidimensionalen Aufnahmen des Valles Marineris, des größten bekannten Canyons im Sonnensystem. Superlative zum Atemlos-Werden. Man fühlt sich bei der ESA derzeit wie im Fitnessstudio.

Europa will mit Astronauten zum Mond und zum Mars, verkündet die ESA nun, nachdem der US-Präsident dies vor drei Wochen für die USA getan hat. Vor ein paar Tagen legte die europäische Raumfahrtagentur Einzelheiten ihres „Programm Aurora“ genannten Mond- und Marsfahrplanes vor.

Bis 2014 will die ESA ein halbes Kilo Gestein vom Mars auf die Erde bringen, und schon 2024 könnten europäische Astronauten auf dem Mars stehen. Womöglich übermittelt die Nasa demnächst ihre Glückwünsche zu diesem Plan. Etwa mit den Worten: Willkommen in der Koalition der Willigen! KENO VERSECK