Knietief im Studien-Dispo? : Geringeres Übel
Uni-AStA lehnt Studienkonten ab
Der Kompromiss von CDU und SPD zur Verkürzung der Studienzeiten ist passé: Die SPD folgt den Bremer Hochschulrektoren, die Zwangskontrakte zur Abschlussplanung zu bürokratisch finden. Jetzt sollen Studienkonten kommen (siehe taz von gestern). Tim Cordßen, AStA-Vorsitzender an der Uni Bremen, lehnt auch das ab.taz: Haben Sie noch damit gerechnet, dass die Regelung zu Fall kommt, nach der man spätestens vier Semester nach Ende der Regelstudienzeit exmatrikuliert worden wäre?Tim Cordßen: Nee, gerechnet nicht, aber gehofft und gekämpft.
Können Sie mit dem Studienkonten-Modell leben?
Von drei schlechten Modellen ist dies vielleicht am wenigsten schlimm – aber immer noch schlecht. Am schlechtesten war der Kompromiss der großen Koalition: Damit wäre nach 14 oder 15 Semestern für alle Schluss – ob zahlungskäftig oder nicht. Der CDU-Vorschlag – Studiengebühren fürs Langzeitstudium – würde die Bildungschancen bildungsferner Schichten weiter einschränken. Aber Studienkonten bedeuten Studiengebühren durch die Hintertür: Sie werden nur später fällig.
Immerhin erst nach 20 Semestern ...
Wenn das Modell erst einmal im Hochschulgesetz steht, ist die Obergrenze leicht verändert. Wir fürchten, dass sie später abgesenkt wird. Damit wird eine individuelle Lebens- und Studienplanung erschwert.
Sollte man stattdessen das Teilzeitstudium im Gesetz verankern?
Das würde zu neuen bürokratischen Hürden führen. Wir wollen zum Beispiel nicht, dass man nachweisen muss, warum man nur in Teilzeit studieren kann.
Und der Grünen-Vorschlag, statt zeitlicher Beschränkungen lieber flexible Abschlüsse wie Bachelor und Master einzuführen?
Der Bachelor ist ja eigentlich ein institutionalisierter Studienabbruch. Wo sollen wir mit den Leuten hin? Auf dem deutschen Arbeitsmarkt gibt es keine Entsprechung dafür. Die Konsequenz wären wohl akademische Leichtlohngruppen.
Soll also alles beim alten bleiben?
Wir führen eine Geisterdebatte: An der Uni gibt es nur 500 Langzeitstudenten, nur ein kleiner Teil von denen nutzt den Studentenstatus als Übergang in den Arbeitsmarkt. Und das Argument, diese Leute würden Geld kosten, ist pure Ideologie. Wenn man ernsthaft zu einem stringenteren Studium verhelfen wollte, müsste man den Hochschulen Pflichten auferlegen, nicht den Studierenden: Die Beratungsangebote müssen drastisch ausgeweitet werden – und zwar in den ersten vier Semestern, nicht erst wenn die Regelstudienzeit um ist.
Daran ist das Zwangsberatungsmodell ja gerade gescheitert – die Rektoren sagen, das sei nicht zu schaffen …
Mir wäre auch lieber, die Rektoren hätten inhaltlich argumentiert statt verwaltungstechnisch. Interview: Jan Kahlcke