Klüngelei bei der BayernLB: 800 Millionen zu viel bezahlt

Neue Dokumente erhärten den Verdacht, dass die BayernLB beim Kauf der Hypo Alpe Adria geklüngelt hat: Der Deal machte einige Privatinvestoren noch reicher.

Man habe inzwischen genug Hinweise gesammelt, dass die BayernLB grob fahrlässig gehandelt habe, so Sepp Dürr, der Grünen-Vertreter im BayernLB-Untersuchungsausschuss (Mitte). Bild: dpa

Ein cleveres Geschäft sieht anders aus: Am 22. Mai 2007 unterzeichnete die Bayerische Landesbank den Kaufvertrag über die Mehrheit an der Kärntner Skandalbank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) - zu einem Unternehmenswert von 3,25 Milliarden Euro. Ein überteuerter Kauf, wie man inzwischen weiß. Jetzt bekannt gewordene Dokumente zeigen: Der Vorstand der BayernLB muss das gewusst haben.

Am Donnerstag veröffentlichte die Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag den Entwurf eines Berichts der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Die hatte die HGAA im Auftrag der BayernLB kurz vor dem Kauf geprüft. Das Papier trägt das Datum 18. Mai 2007. Den Gesamtwert der HGAA beziffern die Prüfer auf 2,43 Milliarden Euro. Die BayernLB hat also über 800 Millionen Euro zu viel gezahlt.

Die BayernLB musste die HGAA Ende 2009 kurz vor der Pleite abstoßen. Das Kärntner Abenteuer kostete die Landesbank 3,7 Milliarden Euro. In der BayernLB stecken 10 Milliarden bayerische Steuergelder, mit denen die Landesregierung sie vor dem Kollaps retten wollte. "Das Geld ist weg. Die 10 Milliarden können Sie abschreiben", sagt der Grünen-Abgeordnete Eike Hallitzki. Man habe inzwischen genug Hinweise gesammelt, dass die BayernLB grob fahrlässig gehandelt habe, so Sepp Dürr, der Grünen-Vertreter im BayernLB-Untersuchungsausschuss. Die Vorstände hätten vorsätzlich Risiken ignoriert, Verfahren abgekürzt, hunderte Millionen an die Seite geschafft. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren Landesbank-Chef Werner Schmidt wegen des Verdachts auf Untreue.

Schmidt soll mit seinen Geschäftspartnern einen Deal eingefädelt haben, der seine Bank Millionen kostete, aber ein paar verschwiegene Privatinvestoren noch reicher macht. Im Zentrum der Affäre steht Vermögensverwalter Tilo Berlin. Wie das österreichische Magazin News berichtet, kaufte dieser am 19. Dezember 2006 mit dem Geld privater Investoren 4,5 Prozent an der HGAA. Noch am selben Tag bekam BayernLB-Chef Schmidt vertrauliche Unterlagen über einen möglichen Kauf von HGAA-Anteilen. Der Absender: Tilo Berlin. Im Januar 2007 trafen sich Schmidt und Berlin. Im Februar besuchte Schmidt zusammen mit Berlin, dem Ex-HGAA-Chef Wolfgang Kulterer und einem Vertreter des HGAA-Eigners Grazer Wechselseitige Versicherung (Grawe) den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Im März verkündete Schmidt dem BayernLB-Verwaltungsrat, er wolle die Mehrheit an der HGAA kaufen und schlug wenig später zu - indirekt: Grawe verkaufte 16 Prozent Anteile an Berlin, der sie teurer an die Bayern weitergab. Berlin wurde neuer HGAA-Vorstandschef. BayernLB-Chef Schmidt musste wenig später seinen Posten räumen - und bekam vom neuen HGAA-Chef Berlin einen Beratervertrag.

Welche Milliardenrisiken in der HGAA schlummerten, prüfte derweil kaum jemand. Die Ernst-&-Young-Experten beklagen sich in ihrem Bericht über unzureichende Informationen. Sie hätten keinen Zugang zu Tochterfirmen der HGAA bekommen, die Akten seien ungeordnet gewesen. Zwischen zwei Besuchen seien sogar Ordner ausgetauscht worden. Die Prüfer empfahlen, Kreditrisiken der HGAA "im Kaufpreis zu berücksichtigen, oder durch Garantien im Kaufvertrag abzudecken". Doch am Ende unterzeichnete die BayernLB einen Kaufvertrag, der Gewährleistungsansprüche ausdrücklich ausschloss.

Frühestens im Juli will der Untersuchungsausschuss mit der Zeugenbefragung beginnen. Dann soll auch Ex-Bankchef Werner Schmidt aussagen. Er wird einiges zu erklären haben.

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