: Klinikschließungen: Stoff für Alpträume –betr.: Klinikschließungen, „Die alten Klinikbetten stehen jetzt in Polen“, taz vom 4. 2. 99
Die Krankenhausplaner unserer Stadt spielen absurdes Theater. Sie sind mit ihrer Theorie, Berlin sei überversorgt mit Krankenhäusern, vollständig widerlegt. Neuere Zahlen von 1997 zeigen zweifelsfrei: Berlin hat weniger Betten pro Einwohner (!) als andere Ballungsräume und Fallkosten und Liegedauern sind inzwischen gleich. Insgesamt sollen bundesweit 85.000 Krankenhausbetten abgebaut werden, in jedem Bundesland mit anderen Pseudoargumenten. Wir werden gegenseitig ausgespielt und für dumm verkauft.
[...] Die Realität in Berlin widerlegt die Krankenhausplanung vollständig. Zur Zeit herrscht Bettenmangel, Patienten liegen auf Fluren, in Arztzimmern, in Funktionsräumen – in sogenannten Überbetten, weil es keine freien Betten gibt. Gleichzeitig wird weiterer Bettenabbau gefordert. Das ist abwegig, solange die ambulante pflegerische und ärztliche Versorgung genauso reduziert wird wie die stationäre Versorgung. Ganze Krankenhausschließungen sind ambulant überhaupt nicht aufzufangen, hier wird es schlimme Versorgungseinbrüche geben. Der Personalabbau hat inzwischen unverantwortliche Dimensionen erreicht. Die Besetzung auf den Stationen ist auf ein Dreiviertel, nicht selten auf die Hälfte des Personals reduziert. Die Stationen laufen nur noch durch Massen an (unbezahlten!) Überstunden. Patienten werden mangelhaft versorgt. Was das im Klartext heißt, ist Stoff für Alpträume. Wir alle wissen, daß weitere Sparauflagen bedeuten, daß weiteres Personal abgebaut wird – und zwar im patientenversorgenden Bereich. Alle Verantwortlichen, die von 6.000 bis 10.000 (weiteren!) verzichtbaren Stellen in den Krankenhäusern Berlins sprechen, gefährden die medizinische Versorgung der Bevölkerung und arbeiten ganz offenbar an der Abschaffung unseres Sozialstaates. Das dürfen und werden wir nicht zulassen. Dr. Cora Jacoby, Ärztin im Krankenhaus Neukölln
betr.: „Wie weiter, Herr Diepgen“ im TVB vom 1. 2. 99
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Diepgen, bezugnehmend auf die oben genannte Sendung, in der Sie eine Anruferin aufforderten, Ihnen ihren Fall schriftlich zu schildern, möchte ich ebenso von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
Am 29. 1. wurde meine Mutter, nachdem sie auf offener Straße zusammengebrochen war, um 13.30 Uhr mit dem Notarztwagen in das DRK-Krankenhaus Mark Brandenburg in der Drontheimer Straße gebracht. Dort erfuhr sie eine Erstbehandlung, bei der sich herausstellte, daß sie einen Zuckerschock mit enormem Blutdruckabfall hatte und Verdacht auf Herzinfarkt bestand.
Im DRK-Krankenhaus war jedoch kein Bett frei. Es wurde nun dreieinhalb Stunden in ganz Berlin nach einem freien Bett herumtelefoniert. Zum Glück wurde dann kurzfristig ein Bett im Krankenhaus Moabit frei, wo sie dann endlich gegen 18 Uhr auf der Rettungsstelle eintraf.
Wie Sie ja sicherlich wissen, ist es bei einem Herzinfarkt lebenswichtig, sofortige therapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Ich bin entsetzt über diesen Vorfall und möchte Sie fragen, ob Sie das unter einer ausreichenden Bettenversorgung in Berlin verstehen. Wie wird die Zukunft dann nach dem jetzt beschlossenen, erheblichen Bettenabbau in Berlin aussehen? Marion Drescher
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