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KlamottentauschSuche Minirock, biete Wollpulli

Secondhand war gestern - heute werden Klamotten getauscht. Alle zwei Monate wechseln in der Neuköllner Kneipe "Gelegenheiten" Kleidungsstücke ihre BesitzerInnen

Auch bei "Swap in the City" werden Klamotten getauscht Bild: dapd

Ein Hindernisparcours ist nichts gegen diesen Raum. Kreuz und quer und in jeder Höhe sind Wäscheleinen gespannt. Einige sind unter der Last der darauf abgeladenen Kleidung schon auf Kniehöhe abgesackt, andere bleiben für kleine Menschen in unerreichbarer Höhe. Dazwischen wuseln an die einhundert junge Frauen und nur sehr wenige Männer, die aus großen Taschen Kleidung auf die Leinen häufen und andere dafür herunternehmen. Jeder greift, was ihm gefällt, und lässt da, was er nicht mehr braucht.

Altkleidercontainer und Secondhand-Läden waren gestern – es lebe der Klamottentausch! Eine Mitarbeiterin der Neuköllner Kneipe „Gelegenheiten“ in der Weserstraße brachte die Idee vor einiger Zeit aus Frankreich mit, wo die sogenannten Trocs Tradition haben. „Dort wird alles getauscht, von Elektrogeräten bis hin zu Büchern“, erzählt Tess Knuth vom Gelegenheiten. „Bei uns geht es aber vor allem um Kleidung.“

Regeln für den Tausch gibt es kaum. „Die Sachen sollten noch tragbar sein. Wir setzen da auf Klasse statt Masse“, sagt Knuths Kollegin Sandra Ricker. Was auf den Leinen landet, wird aber nicht kontrolliert – und es ist auch nicht verboten, mehr mitzunehmen als abzugeben. „Wir hatten auch schon Besucher, die mit leeren Händen kamen und mit einem vollen Rucksack gingen“, erzählt Rickert. So lange das die Ausnahme bleibe, sei das durchaus okay.

Laura, Mitte 20, ist an diesem Freitag das erste Mal dabei. Davon erfahren hat sie aus der Zeitung; nun nutzt sie die Gelegenheit, ihre Schrankleichen unter das Volk zu bringen. Gerade hängt sie ein hellblaues Top mit Strass auf die Leine. „Fünf Jahre lag das ungetragen bei mir im Schrank“, sagt sie. „Ein klassischer Fehlkauf.“ Am Kleidertausch gefällt Laura, dass sie so an neue Klamotten kommt, ohne einen Euro dafür ausgeben zu müssen. Außerdem mag sie die Idee der Wiederverwertung.

Dieser Aspekt des Klamottentauschs gefällt auch denjenigen, die sich professionell mit alter Kleidung auseinandersetzen – schließlich werden jedes Jahr 1,5 Millionen Textilien in Deutschland aussortiert, wie der Dachverband Fairwertung errechnet hat. In ihm sind gemeinnützige Organisationen wie Oxfam, die Diakonie und die Caritas organisiert, die alte Kleider weitergeben. „Die Menge der entsorgten Kleidung übersteigt den Bedarf für soziale Zwecke jedoch bei weitem“, sagt Andreas Voget, Geschäftsführer des Vereins. Deshalb sieht er den Trend zum Kleidertauschen auch nicht als Konkurrenz zur klassischen Altkleidersammlung – vielmehr freut er sich, wenn so ein Bewusstsein für den Wert der Kleidung geschaffen wird. „Alles, was die Nutzungsdauer der Kleidung verlängert, finden wir gut“, meint er.

Auch Victoria schätzt am Troc, dass Ressourcen geschont werden. Etwa 15 Teile hat die Studentin heute mitgebracht, selbst fündig geworden ist sie auch schon: Ein Kuschelpulli und ein geblümtes Sommerkleid sind in ihre Tasche gewandert. „Lustig finde ich, dass manche genau bei den Klamotten zugreifen, die ich für völlig untragbar halte“, sagt sie. Tatsächlich findet sich auf den Wäscheleinen die wildeste Mischung von Faltenröcken bis hin zu Pullovern mit monströsen Schulterpolstern – und jeder greift bei etwas anderem zu. „Übrig bleibt am Schluss meistens, was besonders ausgefallen oder extrem langweilig ist“, erzählt Knuth. Das gehe dann an eine gemeinnützige Institution.

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