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Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um

Über den Ethnologen Michael Oppitz, den ehemaligen Leiter des Zürcher Völkerkundemuseums, kursiert das Gerücht, er könne jede Schamanentrommel Asiens und Europas bis auf fünfzehn Kilometer genau ihrem Herkunftsort zuordnen. Und natürlich finden sich verschiedene Trommeln in der Schau „Forschungen an den Rändern der Schrift“ in den Beletage-Räumlichkeiten der Galerie Buchholz prominent in Vitrinen präsentiert. Oppitz’ Forschungsfelder durchdringen die weiträumige kulturelle Landschaft des Himalaja-Hochgebirgssystems auf nahezu schwindelerregende Weise: Sie reichen von ebenjenen trommelunterstützten schamanischen Ritualen über die piktogramm-ähnlichen Merksteine der Naxi im Norden Yunnans bis hin zu den semiologischen Verflechtungen, wie sie der Flipperautomat „Shangri-La“ repräsentiert, welcher 1967, mitten in der Hochphase der Flipperkultur, in die Kneipen und Spielhallen des Westens kam.

Vergleichsweise nüchtern muten hingegen die Dokumente einer besonderen Künstlerfreundschaft an, welche zeitgleich im ersten Stock der Buchholz-Galerie zu besichtigen sind. Über seinen Altersgenossen Michael Krebber schrieb Albert Oehlen Mitte der 1980er einmal, er sei für seine Künstlerfreunde ein „Nerver ersten Grades“. Grund: Krebber pflegte in den ersten 15 Jahren seines Malerlebens seine Bilder unausgestellt und ritualförmig zu vernichten. Im Kreis der Kollegen übte er zudem öfter öffentliche radikale Selbstkritik. Oehlen, so geht die Legende, bereitete der Krebberschen „Inszenierung des eigenen Versagens“ schließlich ein Ende, indem er ihn 1986 zu einer ersten Ausstellung in Hamburg nötigte. „Works on Works on Paper“ zeigt einerseits zwischen 1986 und 1991 entstandene, widerstrebende Krebber-Zeichnungen sowie spätere, teilweise mit Tipp-Ex ausgeführte Übermalungen der Reproduktionen von Krebber-Zeichnungen, die Oehlen 1994 für die Ausstellung „Abortion of the Cool“ in der Gesellschaft für Gegenwartskunst in Augsburg anfertigte (beide Ausstellungen bis 10. 3., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Fasanenstraße 30).

Coolness ist auch nicht gerade das Erste, was einem zu Don Quixote einfällt. Doch die gleichnamige thematische Gruppenausstellung in der Kreuzberger Galerie Barbara Weiss (u. a. mit Kunst von Heidi Bucher, Andrea Büttner, Larry Clark, Jonathan Horowitz, Cameron Rowland oder Sturtevant) verfolgt die These, dass aus jenem bereits vor über 400 Jahren erschienenen Cervantes-Roman verschiedene, bis in die Gegenwart einflussreiche künstlerische Strategien ableitbar wären (bis 3. 3., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Kohlfurter Str. 41/43).

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