Kirchhof wird grandios scheitern

betr.: „Das Team der Arbeitgeber“, taz vom 18. 8. 05

Der vielfach hochgelobte Paul Kirchhof mag ein hervorragender Steuerrechtler sein. Allerdings orientieren sich seine Ideen vorrangig an der Handhabbarkeit des Steuersystems. Für eine ausgewogene Steuerpolitik ist er offenkundig weniger geeignet. Dies lässt sich an vier Punkten festmachen:

1. Kirchhof verdrängt, dass jede Steuerpolitik erhebliche soziale, gesellschafts- und wirtschaftspolitische Auswirkungen hat und deshalb nicht am grünen Tisch der Theorie entworfen werden kann.

2. Der Grundsatz der Steuergerechtigkeit, wonach die Steuerpflichtigen nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der gesellschaftlichen Aufgaben beitragen müssen, ist ihm fremd. Er verspricht weitere Steuererleichterungen für Gutverdienende und Unternehmen. Zwar will er eine Vielzahl von Steuervergünstigungen abbauen, jedoch nicht das Ehegattensplitting, von dem er persönlich stark profitiert.

3. Er vernachlässigt, dass Steuerpolitik auch dazu da ist zu steuern. Mit ihr werden zum Beispiel Investitionen angeregt, ökologische Verhaltensweisen belohnt, Altersvorsorge gefördert oder mildtätige Zwecke begünstigt.

4. Letztlich scheint ihm die Einsicht fremd zu sein, dass das Steuerwesen ergiebig genug sein muss, um die vielfältigen Aufgaben des Staates zu finanzieren und diesen vor unzumutbarer Verschuldung zu bewahren.

Meine Erwartung ist daher, dass Kirchhof in der praktischen Politik grandios scheitern wird. HEINER JÜTTNER, Aachen

betr.: „CDU-Visionen ohne Zukunft“, taz vom 23. 8. 05

Her mit dem Einheitssteuersatz! Bei einem Einheitssatz von 25 Prozent und einem Grundfreibetrag von 10.000 Euro zahlt jemand, der 20.000 Euro im Jahr verdient, 2.500 Euro Steuern. Ein „Besserverdiener“ mit einem Einkommen von 120.000 Euro zahlt 27.000 Euro Steuern. Der Besserverdiener verdient sechsmal so viel, zahlt aber elfmal so viel Steuern! Das soll ungerecht sein? Und bei der Gesundheitsprämie findet der „soziale“ Ausgleich doch über die Steuern statt. Ungerecht? Herr Bartz, fehlt nur noch, dass Sie demnächst „sozial“ gestaffelte Preise fürs tägliche Brot fordern.

THOMAS DORENBURG, Berlin

Ob die jetzigen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung als gerecht anzusehen sind, ist ebenfalls zu diskutieren. Die besser verdienenden Angestellten finanzieren über ihre Krankenversicherungsbeiträge einen enormen Teil des sozialen Ausgleichs zugunsten von Geringverdienenden, Kindern und mitversicherten Ehepartnern. Dabei muss der Beitragssatz relativ hoch sein, weil die Beitragsbemessungsgrenze die wirklich gut Verdienenden vor höheren Belastungen schützt.

Die Frage ist, ob nicht der soziale Ausgleich insgesamt gerechter zu gestalten ist über das Steuersystem und über ein System von Zuwendungen mit ausreichendem Kindergeld, Wohngeld und Arbeitslosengeld II. Ob eine Bürgerversicherung parallel zum Steuer- und Zuwendungssystem den sozialen Ausgleich verbessert, ist zu bezweifeln. DIETER JAHN, Hannover