Kindle Touch im Verkauf: Gefangen im System Amazon

Amazon macht es Kunden einfach, E-Books zu kaufen, aber nicht, sie zu lesen – und bleibt als Marktführer unangefochten. Der neue Kindle verbessert das Leseerlebnis ein wenig.

Digital anfassbar: Lesen auf dem neuen Kindle. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Mit dem neuen Kindle Touch zieht Amazon am Freitag auf dem Markt für E-Book-Reader nach: Zum ersten Mal hat ein Lesegerät des Marktführers ein Touchdisplay. „Der neue Touchscreen macht das Suchen und Einkaufen von Büchern so einfach wie nie zuvor“, bewirbt Amazon den Kindle Touch – und gibt damit zugleich Einblicke in die Amazon-Verkaufsstrategie.

Denn während Sony schon seit Langem auf E-Book Reader mit einer Touchsteuerung setzt, haben die bisherigen Lesegeräte von Amazon nicht mit der neuesten Technik, sondern einem anderen Feature gepunktet: dem integrierten E-Book Store.

Den Erfolg des Amazon E-Book Stores belegt eine Anfang des Jahres veröffentlichte Studie der Uni Hamburg zur Verbreitung von E-Books. In der repräsentativen Umfrage haben 13,7 Prozent der Befragten angegeben, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens ein belletristisches E-Book gekauft zu haben. 9,2 Prozent setzen hingegen auf kostenfreie und geliehene E-Books oder kostenlose Leseproben. Damit nutzt mittlerweile fast jeder vierte Deutsche E-Books.

Bei den E-Book-Käufern liegt Amazon klar vorne. 57 Prozent gaben an, im vergangenen Jahr mindestens ein belletristisches E-Book bei dem Onlinehändler erstanden zu haben. Auf Platz zwei landet Apple. Als Lesegeräte dienen hier vor allem das im Vergleich zum Kindle wesentlich teurere iPad oder das iPhone – beide ohne augenfreundliches Tintendisplay (eInk). Dennoch gaben 27 Prozent der Befragten an, mindestens ein digitales Buch im iBookstore gekauft zu haben.

„Apple verdient vor allem am Verkauf der Endgeräte, während Amazon seinen E-Book Reader subventioniert und den Umsatz mit Inhalten macht“, erklärt einer der Autoren der Studie, Tim Prostka. Folgerichtig also, dass Amazon-E-Books auch auf anderen Geräten gelesen werden können. Mit der Kindle-App ist die eigene Bibliothek auch auf dem PC, dem Smartphone oder Tablet verfügbar.

Geschlossener Marktführer

Doch das Amazon-System einen entscheidenden Nachteil: Es ist geschlossen. Die beim Onlinehändler verfügbaren Titel liegen nur im hauseigenen azw-Format vor. Das gefällt den digitalen Lesern der Studie zufolge eigentlich überhaupt nicht – so geben zwei Drittel der E-Book Käufer an, vornehmlich E-Books im pdf-Format gelesen zu haben.

Genau hier stößt der Kindle an seine Grenzen. Zwar können alle Amazon E-Book Reader pdf-Dateien anzeigen. Aber da pdf-Dateien nicht auf das 6 Zoll große Kindle-Display ausgelegt sind, war das Lesen derselben bislang nicht besonders komfortabel.

Mit dem neuen Kindle verbessert sich dank Zoomfunktion die Lesbarkeit von .pdf-Dateien, allerdings kann der neueste Sony eBook Reader, der PRS-T1 WiFi, noch besser mit pdf-Dateien umgehen. Der Sony E-Book Reader bietet besondere Zoomfunktionen, mit denen beispielsweise einzelne Textausschnitte vergrößert oder mehrspaltige Dokumente besonders komfotabel gelesen werden können.

Mit Dateien im E-Pub-Format, das extra für die Anzeige auf Lesegeräten entwickelt wurde, kann der Kindle überhaupt nicht umgehen. „Amazon lenkt mit dem geschlossenen eBook-System schon das Nutzer- und Leseverhalten“, sagt Prostka. Dass das so gut funktioniert, liege vor allem an dem bequemen Zugang zu E-Books über den integrierten E-Book Shop und den vielen dort verfügbaren Titeln. Amazon bietet rund 1,2 Millionen E-Books, davon gut 100.000 in deutscher Sprache.

Offen aber unbeliebt

Aber auch hier bekommt Amazon Konkurrenz. So bietet beispielsweise Kobo mit dem E-Reader Touch ebenfalls einen E-Book Reader mit einem integrierten Shop. Die rund 2,2 Millionen verfügbaren E-Books – gut 80.000 in deutscher Sprache – liegen im ePub-Format vor. Vorwiegend auf das Standardformat setzen auch die anderen großen E-Book Shops, wie Thalia, die Weltbild-Gruppe, Libri, Heymann oder Libreka.

Doch bei allen fünf E-Book Shops zusammen haben der Studie zufolge aber nur 50 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr mindestens ein E-Book gekauft. Und so beherrscht Amazon schon vor der Einführung des neuesten Kindle und trotz der Einschränkungen durch das geschlossene Amazon-System den deutschen E-Book Markt.

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