Kindheitspädagogik macht Schule im Kita-Kontext

AUSBILDUNG Neue Bachelorstudiengänge geben Erziehern wissenschaftliches Know-how

Herz und Verstand sind gut, wissenschaftliche Grundlagen sind noch besser

VON HEIDE REINHÄCKEL

Donata Elschenbroichs Bestseller „Weltwissen der Siebenjährigen“ plädierte bereits vor zehn Jahren für die Aufwertung des Erzieherberufs. „Um Kinder zu betreuen, braucht es nicht nur Herz und Verstand, sondern Grundlagen, die auf wissenschaftlichen Analysen beruhen“, stimmt auch Norbert Hocke, Kita-Experte der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu. „Solche Lösungen liegen nicht mehr in einer zwei- bis dreijährigen Ausbildung.“

So kann mittlerweile eine Professionalisierung der Aus- und Weiterbildung für Erzieher beobachtet werden. Die Alice Salomon Hochschule in Berlin war ganz vorne mit dabei: Schon 2004 bot sie den ersten grundständigen Bachelorstudiengang für Erzieher an. Mittlerweile gibt es deutschlandweit an die 60 solcher Module.

Die Alanus Hochschule in Alfter startete neben einem grundständigen Bachelorstudiengang Kindheitspädagogik nun auch einen Teilzeitstudiengang für berufstätige Erzieher. „Viele Erzieher verspüren nach mehrjähriger Berufserfahrung den Wunsch nach einer tiefergehenden Ausbildung“, so Michael Brockmann vom Institut für Kindheitspädagogik an der Alanus Hochschule. Ein Bestandteil des Lehrangebots ist die Auseinandersetzung mit der Waldorfpädagogik.

„Das Profilmerkmal Waldorfpädagogik zeichnet alle Studiengänge des Fachbereiches Bildungswissenschaft bei uns aus. Die besonderen Aspekte der Waldorfpädagogik werden dabei immer im Kontext aktueller erziehungswissenschaftlicher Diskussionen behandelt“, erklärt Jost Schieren, Professor für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Waldorfpädagogik. „Hinzu kommen vergleichende Gesichtspunkte aus anderen reformpädagogischen Strömungen wie Montessori- und Erlebnis-Pädagogik. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass die Waldorfpädagogik aus einer ideologischen, zum Teil vielleicht auch dogmatisch vertretenen Engführung herausgeholt und kritisch hinterfragt wird.“

Zu den derzeit elf Studierenden des neuen Teilzeitstudienganges gehört Lisa Georg. Im vierten Jahr ihrer Berufstätigkeit als Waldorferzieherin entschied sie sich für den Hörsaal am Wochenende. „Nur zwei Jahre Schule sind für mich zu wenig. Nun will ich über den Tellerrand sehen“, beurteilt sie rückblickend ihre Doppelausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin und Waldorferzieherin.

Sie schätzt die wissenschaftliche Vertiefung, die Auseinandersetzung mit dem bildungswissenschaftlichen Forschungsstand und den Raum für Berufserfahrungen, die der Teilzeitstudiengang bietet.

Diese Perspektive würde dem Kita-Experten Hocke gefallen. Allerdings diagnostiziert dieser generell eine ambivalente Entwicklung: „Auf der einen Seite gibt es eine Professionalisierung durch grundständige Studiengänge und Weiterbildungsoptionen für Erzieher, auf der anderen Seite ein Downgraden durch fachfremde, schlecht ausgebildete Quereinsteiger.“