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■ Kiffers CornerIch bin zu faul, Yoga zu machen

Ly ist 25, Ostlerin, arbeitet halbtags in einem Mietermodernisierungsprojekt im Prenzlauer Berg. Eine Weile hatte sie Psychologie studiert. Sie malt, geht im Sommer viel auf Goa-Parties und hört sehr gerne Musik: Sven Dose, Bimmel und andere, die gern acidlastig auflegen.

„Ein Jahr nach der Wende habe ich zum ersten Mal gekifft. Das war auf meiner Geburtstagsparty. Wir hatten total lecker chinesisch gekocht. Dann saßen wir am Ende alle auf dem Fußboden an so einer langen Tafel, und dann ging da halt eine Wasserpfeife rum. Da ist ja ziemlich viel THC drinne. Da sind wir völlig lustig geworden. Wir saßen da und hatten nur gelacht. Einer hatte immer so Geschichten erzählt. Der wollte uns überzeugen, daß man sich politisch betätigen muß und lauter solche Sachen. Immer, wenn er einen Satz anfing, fingen alle an zu lachen. Das war eigentlich kein Auslachen. Alle waren nur tierisch angeheitert. Ihn hat das auch nicht weiter gestört. Der ist ja auch sonst so ein Komiker.

Seit einem Jahr kiffe ich täglich. Alkohol trinke ich überhaupt nicht mehr. Speed nehme ich auch nicht mehr. Alkohol gehört ja auch zu diesen ganzen Aufputschdrogen. Eigentlich will ich nur halluzinogene Drogen. Wenn du nicht allzuviel Hasch und Marihuana rauchst, wirst du eher feinfühlig und toleranter irgendwie und für viele Sachen sensibler. Alkohol geht mehr nach außen; Hasch mehr nach innen. Mir ist dies Mehr-nach-innen-Gehen wichtiger.

Hasch ist ja eine halluzinogene Droge. Das schottet mich irgendwie ab von der Außenwelt. Wenn ich was geraucht hab', versuch' ich – durch zusätzliche Meditation auch – in mich zu gehen. Da kann ich dann Selbsterfahrung machen. Ich benutz' das auch für künstlerische Sachen. Da hab ich dann Ruhe, um Bilder in mir hochkommen zu lassen; Bilder, die in mir existieren, die aber durch den Alltagsstreß irgendwie oft halt weg sind. Eigentlich benutz' ich die Droge auch, weil ich zu faul bin, regelmäßig Yoga zu machen. Und das sonst nicht auf die Reihe krieg'.

Gras finde ich besser als Hasch. Haschisch rauche ich eigentlich nur, wenn ich pennen gehen will. Hasch ist irgendwie auch schon wieder fast wie Alkohol. Die Wirkung ist so stark, daß du kaum Erfahrungen damit machen kannst. Da schaltest du dann total ab.

Meist kiffe ich allein oder im kleinen Kreis. Ich will dann eben die Ruhe haben, Sachen hochkommen zu lassen. Das sind ja auch nicht immer positive Sachen. Das wechselt sich ja auch ab. Es sind Sachen, über die ich dann später irgendwie nachdenken kann. Kiffen ist zwar wesentlich schwächer als LSD, aber es öffnet einen auch für ganz komische Informationen, die von außen kommen. Deswegen passe ich auch immer auf, daß ich in einem Rahmen bin, wenn ich kiffe – zu Hause oder so – wo ich weiß, was auf mich zukommt. Daß nicht so 'ne komischen Sachen im Unterbewußtsein sind, die man dann wieder heftig lange verarbeiten muß. Das passiert ja leicht, wenn man halluzinogene Drogen in der Öffentlichkeit nimmt.

Wenn man bekifft unterwegs ist, übertüncht man das ja ständig, weil man ständig mit anderen kommuniziert und von außen alles in sich hinein läßt. Das find' ich dann nicht so angenehm. Da reagiert man auch leicht anders, als man es eigentlich will. Man ist da ja so feinfühlig.

Bis jetzt überwiegen die positiven Erfahrungen eigentlich noch. Deshalb habe ich auch nicht vor, das Kiffen demnächst zu beenden. Ein Nachteil ist halt, daß man doch immer wieder darauf achten muß, Maß zu halten.

Die THC-freien Hanfprodukte finde ich natürlich auch sehr gut. Hanföl kann ich total empfehlen.

In meinem Freundeskreis sind schon überwiegend Leute, die kiffen. Sind immer weniger geworden, die Alkohol trinken. Der Freundeskreis wandelt sich ja, weil du nicht mehr in deine alten Stammkneipen gehst. Eigentlich bin ich mit niemandem befreundet, der regelmäßig Alkohol trinkt. Protokoll: Detlef Kuhlbrodt

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