: Keine Späßchen mehr mit Flutwellen
Karneval im Zeichen der Naturkatastrophe in Südasien: Die Kölner Stunksitzung ändert das Programm und streicht ihren Sketch „The Dome after tomorrow“. Die alternativen Jecken wollen nun auf der Sitzung Spenden für die Flutopfer sammeln
Von Sebastian Sedlmayr
Die Nummer war in der aktuellen Stunksitzung ein garantierter Lacher. Bis zum 26. Dezember. Bis die lustige Fiktion von der traurigen Realität eingeholt wurde. Jetzt gibt es für „The Dome after tomorrow“ keinen Platz mehr im Programm der alternativen Karnevalssitzung im E-Werk. „Als ich von der Flutkatastrophe in Südostasien hörte, war für mich sofort klar: Das geht gar nicht“, sagt die Stunksitzungsgeschäftsführerin Martina Klinke.
Was gar nicht mehr geht: Eine Flutwelle rollt von der Nordsee auf das Rheinland zu. Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma, mit Schwimmflügelchen ausgerüstet, erklärt Düsseldorf zum Wassersportparadies. Am Dom geben heimische Musikgruppen ein Benefizkonzert. Das wirkt: Die grausige Musik der Karnevalscombo „De Höhner“ zwingt die Wassermassen schließlich zur Umkehr. Wie hätten die Alternativjecken diesen Sketch jetzt noch spielen sollen?
Gestern Abend traten die Stunker das erste Mal nach der Weihnachtspause wieder vor ihr Publikum in Köln-Mülheim. Ohne ihren siebenminütigen „The Dome after tomorrow“-Sketch. Auch wenn sie der Abstimmung innerhalb des Ensembles unmittelbar vor dem Auftritt nicht vorgreifen wolle, gehe sie „mit absoluter Sicherheit“ davon aus, dass die Szene aus dem Programm der noch ausstehenden Sitzungen in dieser Session gestrichen werde, erklärte Klinke gestern Mittag der taz. „Beim Angriff auf das World Trade Center war das noch etwas anderes“, so Klinke: „Da hatte man einen Feind. Damit kann man irgendwie arbeiten.“ Aber die Flut sei eine Naturkatastrophe. „Das kann man nicht mehr politisch drehen.“
Die Stunksitzungsgeschäftsführerin spielte selbst in der „Flut-Nummer“ mit. Als Nachrichtensprecherin moderierte sie die „Liveschaltungen“ zum Rathaus und zur Domplatte, wo abwechselnd eine Karikatur des Kölner OBs Schramma und eine Außenreporterin das Geschehen kommentierten. Das will Klinke jetzt nicht mehr spielen. Sie befürchtet allerdings, dass auch bei anderen Passagen im Stunk-Programm ein mulmiges Gefühl aufkommen könnte: „Das merkt man manchmal erst, wenn man den Text spricht.“
Nicht nur mit der Sketch-Streichung wollen die Stunker auf die Katastrophe im Indischen Ozean reagieren. Um den Betroffenen zu helfen, überlege die Truppe, „ob wir eine Extra-Benefizveranstaltung machen“, so Klinke. Bereits jetzt werden auf der Sitzung Spendenbüchsen herumgehen. Mit dem gesammelten Geld soll ein Projekt in einem Dorf in Sri Lanka unterstützt werden. Dort habe zwar glücklicherweise die gesamte Bevölkerung überlebt, weil sie zum Zeitpunkt der Überschwemmung in der auf einem Hügel gelegenen Kirche gewesen sei. Das Dorf, in dem ein deutscher Pfarrer seit Jahren Entwicklungshilfe leistet, sei allerdings vollkommen von der Flut zerstört worden, berichtet Klinke.