Keine Medikamente für den Tod

EU Die Anti-Folter-Verordnung untersagt den Export von Narkosemitteln für Hinrichtungen. Für ein neues Mittel gilt das noch nicht

BERLIN taz | Die Haltung der Europäischen Union ist klar: „Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden“, heißt es in Artikel 2, Absatz 2 der Grundrechtecharta. Und die EU setzt sich für eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein.

Damit das kein bloßes Lippenbekenntnis ist, wurde 2005 eine EU-Verordnung erlassen, die den Handel mit Gütern verbietet, die zu Folter, unmenschlicher Bestrafung oder Vollstreckung der Todesstrafe eingesetzt werden können. Zunächst standen Instrumente wie elektrische Stühle auf der Liste. Ende 2011 wurden dann auch Narkosemittel darauf gesetzt, weil sie überdosiert für Hinrichtungen eingesetzt werden. Es handelt sich um sogenannte Barbiturate, darunter die Wirkstoffe Pentobarbital und Thiopental-Natrium, die in den USA verwendet werden. Mit Ersterem sollte Warren Hill am Dienstag hingerichtet werden. Für den Export braucht dieser Mittel, so verlangt es die EU, eine spezielle Genehmigung. Lieferungen für Henker sind tabu.

Ein Mittel, mit dem nun auch in den USA hingerichtet werden soll, steht nicht auf der Liste: Propofol. Die EU-Kommission prüft, ob es aufgenommen werden soll. Darauf drängt die britische Regierung, die den Export streng reglementiert hat. Die Bundesregierung äußert sich zurückhaltend. Es werde momentan geprüft, ob diese Maßnahme „geeignet wäre, einen Missbrauch zur Vollstreckung der Todesstrafe durch Injektion zu verhindern“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Linken.

Die Schwierigkeit bei Propofol: Das Medikament wird in den USA im Klinikalltag sehr häufig eingesetzt. Pro Tag etwa dreimal so oft wie Pentobarbital im gesamten Jahr, sagt Matthias Link, Sprecher der Herstellerfirma Fresenius Kabi. Das Medikament komme in mehr als 15.000 Krankenhäusern und Arztpraxen zum Einsatz. Fresenius Kabi ist die einzige Firma, die das Medikament momentan in den USA verkauft. Man liefere grundsätzlich nicht direkt an Gefängnisse, sagt Link. Und auf den Druck von Menschenrechtlern hin prüft der Konzern, wie der Verkauf in den USA stärker kontrolliert werden kann, damit das Mittel nicht über einen Großhändler an Gefängnisse gelangt. Das sei schwierig, sagt der Konzernsprecher, weil man mit sehr vielen Vertriebspartnern zusammenarbeite. „Man muss nun abwarten, ob der Verkauf von Propofol an Gefängnisse über Zwischenhändler wirklich verhindert wird“, sagt Sumit Bhattacharyya von der deutschen Amnesty-Sektion. SEBASTIAN ERB