: Keine „Blamage für Bayern“
■ betr.: „Demokratische Blütezeit in CSU-Country“ (Schlagloch), taz vom 23.4. 97
In der Tat blüht die direkte Demokratie in Bayern, und so ist es auch nicht verwunderlich, daß sie für manchen seltsame Blüten treibt. Setzt man das übergeordnete Interesse eines fiktiven „Kulturstaates“ an, so ist der Feldafinger Bürgerentscheid gegen das „Museum der Phantasie“ ein herber Rückschlag. Nur ist es ungerecht und kurzsichtig, hier den Bürgern den Schwarzen Peter zuzuschieben. Denn letztlich scheiterte das Museum ja nicht am mangelnden Kunstverstand der Feldafinger, sondern an fehlenden Konzepten für die Unterbringung beziehungsweise Kanalisierung des zu erwartenden Besucherstroms in der 4.000-Einwohner-Gemeinde. [...]
Letztendlich ist der Ausgang des Bürgerentscheids auch keine „Blamage für Bayern“, sondern nur für die Initiatoren des Museumsprojekts, die die Bedenken der Gemeindebürger mit jener Selbstverständlichkeit ignorierten, mit der sich so mancher Politiker über die Interessen seiner Wähler hinwegsetzt. Manchmal scheint Lothar-Günther Buchheim auch – seinen Ausfällen gegen die Feldafinger im Wahlkampf folgend – nicht so ganz demokratiefähig zu sein.
Sicher, direkte Demokratie ist nicht einfach, sie besteht aus Überzeugungsarbeit, Kompromissen und eben auch aus unpopulären Entscheidungen. Die erfolgte Ablehnung der Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Maffai-Gelände in Feldafing (so lautete die eigentliche Abstimmungsfrage am 20.April) ist gewiß umstritten. Bürgermitbestimmung ist aber meiner Ansicht nach keinesfalls fragwürdig. Wer jetzt Bürgerentscheide in Frage stellt, der müßte konsequenterweise auch ein Stadtratsgremium in Frage stellen. Denn die Eröffnung dieses Museums für Buchheims wertvolle Kunstsammlung ist bereits mehrmals an Politikern gescheitert. In Duisburg und Weimar entsprachen die Stadträte nicht Buchheims Vorstellungen, so daß sich der Kunstsammler wieder zurückzog. Freilich hat noch keiner gefordert, die Stadtratsgremien abzuschaffen. Genauso absurd wäre ein Verbot der Bürgermitbestimmung. Oliver Hinz, Pressesprecher
„Mehr Demokratie e.V.“,
München
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