Kein Kommentar! : Wir sind ein Volks-Volk
Volks-Produkte sind eine praktische Sache. Wem beispielsweise der Sinn danach steht, eine schlimme Zeit und eine schlimme Zeitung in einem Atemzug unterzubringen, dem bieten Volks-Produkte eine gute Gelegenheit, denn: Volks-Produkte sind weder eine Erfindung der Nazis noch eine Erfindung von Bild. Es gab sie schon vor „Volkswagen“ und „Volksempfänger“ und lange bevor Bild im September 2002 auf die Idee gekommen war, gemeinsam mit dem Discounter Plus plötzlich einen „Volks-PC“ zu verkaufen.
Mittlerweile ist die Liste lang: Es gab schon den „Volks-Spüler“, den „Kaffee-Vol(l)ks-Automat“, das „Volks-Fahrrad“, das „Volks-Handy“, die „Volks-Matratze“, die „Volks-Zahnbürste“, den „Volks-Kredit“ und – ganz neu – den „Volks-Burger“ für 2,99 Euro.
Das „Volks“-Label steht zwar für nichts, außer dafür, dass Springer via Bild-Website gemeinsam mit irgendeinem Unternehmen irgendein Produkt vermarktet. Aber auch das ist praktisch. (Oder, je nach Sichtweise, bedenklich.)
Praktisch auch, dass sich für jedes „Volks“-Produkt ein paar Prominente finden, die sich in albernen Posen und gequält lächelnd damit fotografieren lassen. Die Liste der „Volks“-Prominenten ist noch länger als das „Volks“-Sortiment und liest sich wie ein „Who’s who“ derjenigen, die offenbar keine Probleme damit haben, mit Bild zu kooperieren, und denen, wer weiß, womöglich Bild im Gegenzug auch weniger Probleme macht: Moderatoren, Sportler, Schlagersänger, Seifenopern-Darstellerinnen – „unsere Promis“ nennt man sie bei Bild.
Aber es geht noch praktischer: Zurzeit wirbt beispielsweise der Schauspieler Thomas Heinze für die „Volks-Rente“ (s. o.) – und an Heinzes Namen hat Bild gleich noch den Programmhinweis gehängt („Ich bin ein Berliner, am 20.9. um 20.15 Uhr auf Sat.1“), der zufälligerweise schon in der BamS als TV-Tipp auftauchte und wenige Seiten später als ganzseitige Anzeige von Sat.1…
Erstaunlich, dass das TV-Movie darin noch als „Der große Sat.1-Film“ angekündigt wird und nicht gleich als „Volks-Film“. Aber noch (!) gehört Sat.1 ja auch nicht komplett zum Springer-Konzern. CHRISTOPH SCHULTHEIS