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Archiv-Artikel

Kein Kommentar! Schächters Wächter

Wenn selbst ZDF-Intendant Markus Schächter keine „medienpolitische Lösung“ im Gebührenstreit mehr sieht, dann wagt sich sogar das staatsferne Zweite, gegen den Staat aufzubegehren. Aber nur ausnahmsweise!

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, das sei hier zur Sicherheit nur nebenbei noch mal erwähnt, findet in Deutschland staatsfern statt. Das gilt vor allem für das ZDF – schließlich ist das Zweite eine gemeinsame Veranstaltung aller 16 Bundesländer. Und hat so einige Erfahrung beim Ausbalancieren politischer Anmaßungen.

Doch jetzt scheint auch das ZDF an der Medienpolitik zu verzweifeln. Als die ARD ankündigte, in der Frage der Rundfunkgebühren das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu bemühen, zeigte die Mainzer Anstalt dem Brudersender zunächst die kalte Schulter. ZDF-Intendant Markus Schächter wollte auf eine seiner bewährten „medienpolitischen Lösungen“ setzen. Will heißen: Mit seinen derzeit mehrheitlich unionistischen Länderchefs und dem ZDF-Übervater und Rheinland-Pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) einen Kompromiss auskungeln. Jetzt plötzlich folgt das Zweite aber dem Ersten nach Karlsruhe. Lässt da etwa der Staat seinen staatsfernen Rundfunk im Stich?

Aber gemach. Soeben erreicht uns unter der laufenden Nummer 62/06 folgende Pressemitteilung: „Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, Staatsminister Bernd Neumann als neues Mitglied der Bundesregierung in den Verwaltungsrat des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) zu entsenden. Dieses Gremium hat insbesondere die Aufgabe, die Tätigkeit des Intendanten zu überwachen sowie an der Verabschiedung des Haushaltsplans und des Jahresabschlusses mitzuwirken.“

Gut zu wissen, dass Schächter also weiter derart staatsfern überwacht wird. Der CDU-Politiker Neumann ist beim ZDF übrigens kein Unbekannter: Im ZDF-Fernsehrat saß er schon. Dort, so heißt es in schönster Pressemeldungsprosa weiter, betreute „er unter anderem die Bereiche Kunst, Kultur und Filmwirtschaft“. Natürlich nicht als Politiker. Sondern inmitten der Vertreter-Kombo aus der weiten Welt von Erziehungs- und Bildungswesen bis zu Verbraucher- und Tierschutz.

Und war der ZDF-Fernsehrat nicht gleich jenes 77-köpfige Gremium, das – auch mit dem Segen des Intendanten – eigentlich längst verkleinert werden sollte? Und in dem man die parteipolitische Landsmannschafterei zumindest zurückdrängen wollte? War es. Allerdings, so bekannte Schächter schon Ende letzten Jahres in einem Interview, sei das wohl – nun ja – illusionär gewesen. So ist das eben mit der Staatsferne im Rundfunk.

STEFFEN GRIMBERG