Kein Kommentar! : Unser neuer Freund
Freitag ist Überraschungstag. Dann kommt eine der wenigen Publikationen ins Haus, die noch zu überraschen vermag: das Magazin der „Süddeutschen Zeitung“.
Beim SZ-Magazin greift das Überraschungsprinzip zuverlässig: Jedes Mal, wenn man denkt, „was werden sie dieses Mal wohl haben?“, gibt es ein komplett langweiliges Heft. Entweder mit Sommerrätsel oder eines derjenigen, die zur Zufriedenstellung der Anzeigenkunden gemacht werden. Mode oder Schmuck. Die Mode ist meist düster fotografiert und schlecht zu erkennen. Der Schmuck ist lediglich teuer.
Erwartet man nichts, folgt die Überraschung auf dem Fuße. Nummer eins: Ja, das Heft hat wieder den ödesten, unattraktivsten Magazinhintern, den man sich nur vorstellen kann. Die letzten Seiten sind in ihrer Uninspiriertheit ein ungeliebter, vernachlässigter Hofhund, den man auszuhungern versucht, weil man ihn nicht töten mag.
Überraschung zwei: Das war letzte Woche ein Beitrag von Christian Ulmen, Schauspieler und Moderator. Das Besondere an Herrn Ulmen: Er hat mehr Angst, sich Freunde zu machen, als Feinde zu gewinnen. Also tut er Folgendes: Er erfindet eine Talkshow, die es schon gibt, „Beckmann“, und setzt ihr eine Staffage stellvertretend für ihre Zunft an den Tisch – Hellmuth Karasek, Heidi Klum, Sarah Kuttner und Sky Dumont. Diese Menschen lässt Ulmen über etwas reden, über das sie nicht befähigt sind zu reden: Altersvorsorge.
Die Blasen, die geworfen werden, sind von Ulmen frei erfunden. Und er ist ein perfekter Erfinder – weil er ein professioneller Beobachter ist. Man möchte sich gelangweilt und angewidert abwenden. Bleibt aber aus Faszination über den Mut Ulmens und des SZ-Magazins hängen. Nicht weil der Text so bahnbrechend ist. Sondern weil sich in der deutschen Presselandschaft kaum einer mehr traut, die Schwachmaten der Republik vorzuführen, die mit ihrem Gesülze die Hirne verschmutzen und mit denen die Verlage Millionen verdienen.
Überraschung drei: ist seit Mai dabei. Eine Interviewserie, in der mittels Fotos der Befragten die Antworten gegeben werden. Langweilig, wenn es SCHAU-Spieler sind. Wunderbar, wenn Menschen vor der Kamera waren, die sich weniger zu verstellen in der Lage sind. Ein Einblick.
Es ist Freitag. Überraschungstag. Mal sehen, was sie dieses Mal haben. Silke Burmester