■ Kein Bauen um jeden Preis: Mehr Gelassenheit
Von glücklichen Umständen begleitet ist das Bauvorhaben am Klingelhöfer-Dreieck wahrlich nicht. Um architektonischen Glanz ging es nie, sondern von Anfang an um die monetären Interessen der Investoren – und die bemessen sich in Bruttogeschoßfläche und einer möglichst hohen Überbauung des Geländes. Wie schnell angeblich solide Finanzierungen zusammenbrechen, weil mit völlig unrealistischen Büroraum-Erlösen kalkuliert wurde, durften wir mehrfach in der Stadt beobachten. So gesehen kann Berlin froh sein über das lange Gezerre. Anderenfalls wäre am Tiergartenrand jetzt im Rohbau eine Investitionsruine zu besichtigen. Kein Wunder also, wenn die Interessenten jetzt mit heißer Nadel umplanen und mehr Wohnraum errichten wollen.
Deren Sorgen können Berlin herzlich egal sein. Ein Grund, notleidenden Investoren jetzt Sozial-Nachlässe beim Grundstückspreis zu gewähren, wie der Bausenator erwägt, ist das jedenfalls nicht. Der Verwertungsdruck der Investoren mag erklärbar sein, der merkwürdig anmutende Verwertungszwang der Bauverwaltung kaum. Wer intern über die drohende Überhitzung der Bauwirtschaft spricht, sollte dieses Fieber nicht dadurch verstärken, daß nun jedes Filetstück der Stadt hier und heute verscherbelt werden muß. Besonders nicht, wenn der Grundstückspreis nach unten tendiert.
Berlin hat Zeit und sollte sich Zeit nehmen. In wenigen Jahren wird die Stadt froh sein, noch ein solches Gelände anbieten zu können. Solange kann Berlin die Brache im Tiergarten gut aushalten. Und die an diesem Ort traditionell residierenden Rummelbetreiber und Zirkusdirektoren werden sich bedanken. Gerd Nowakowski
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