Kaufleute mögen keine Auflagen

Ein geplantes ökologisches Gewerbegebiet im rheinisch-bergischen Kürten soll Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz verbinden. Bei Unternehmern auf dem „Nutzerworkshop“ in Kürten herrscht Skepsis

Von Inge Brunner

Dieter Schiller ist in Zeitnot. „Wir expandieren und brauchen ein neues Grundstück. Es muss schnell gehen“, sagt der Kürtener Industriemesserfabrikant. Er und neun weitere Unternehmer sind an diesem Juni-Tag zum „Nutzerworkshop“ gekommen. Dort hören sie mit wachsender Ungeduld Veronika Wolff vom NRW-Umweltministerium zu. „Wir wollen die Nutzer in das Pilotprojekt der Agenda 21 NRW einbeziehen“, erklärt Wolff. Durch umweltfreundliches Bauen und Wirtschaften im geplanten Gewerbegebiet Unterossenbach sollen den Firmen Vorteile entstehen: „Umweltschutz wird langfristig nicht zu höheren Kosten führen“, versichert Wolff.

An einem Berghang sollen auf 10 Hektar Fläche 50 Gewerbetreibende Platz finden. Der Ökologie werde unter anderem Genüge getan durch schmalere Straßen, weniger Oberflächenversiegelung, umwelt- und klimagerechte Energieversorgung, Solaranlagen, Niedrigstenergiehäuser, Dachbegrünung und Brauchwassernutzung. Bei dieser Aufzählung rutschen einige Zuhörer bereits nervös auf den Stühlen. „Ich glaube Ihnen nicht, dass die Kosten gleich hoch sind“, schallt es den Präsentatoren entgegen. Vor allem haben die Kaufleute keine Lust auf langwierige Entscheidungsprozesse – time is money, das hat man auch in Kürten schon gelernt. Soziologieprofessor Herbert Grymer von der Uni Wuppertal, der das Projekt wissenschaftlich betreut, kann die Gemüter in diesem Punkt nicht beruhigen: „Wir haben für dieses Vorhaben keine Vorbilder. Jeder muss vom anderen wissen, was er macht und was er braucht. Nur so können wir auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen eingehen.“

Wolff ergänzt, das Ministerium werde die Unternehmer individuell beraten. Die fordern ihrerseits eine Liste mit erlaubten Baumaterialien. Damit könne man schon mal Preisanfragen machen. Kämmerer Claus Koßmann verweist auf ein Konzept, das diese Punkte bereits beinhaltet. Ein besonderes Interesse, am Workshop teilzunehmen, hat Sägewerksbesitzer Ralf Lenninghausen. Seit 20 Jahren befeuert er mit Holzabfällen ein Fernwärmekraftwerk. Davon profitieren er und die Nachbarn: Sie bekommen günstige Heizenergie, er ist seine Holzabfälle los. Nun will Lenninghausen für Unterossenbach ein zweites Kraftwerk bauen. Das ist auch im Konzept vorgesehen, weil Holz ein nachwachsender Rohstoff ist. Lenninghausen verspricht: „Meine Heizwärme wird auf jeden Fall billiger als Öl und Gas.“

Die Unternehmer fordern von Kämmerer Koßmann klare Aussagen. Er gibt sein Möglichstes: „Der Quadratmeter wird voraussichtlich 80 Euro kosten, und Baubeginn ist frühestens 2005, spätestens 2007.“ Genaueres könne er erst in zwei Monaten sagen. Das nächste Treffen soll im September stattfinden.