Kai Wegner in Kreuzberg: Ein Elefant namens Görlitzer Park
Der Regierende Bürgermeister stellt sich einem kritischen Kreuzberger Publikum. Am Zaun um den Görli hält er trotz Protesten fest.
Der CDU-Politiker war im Rahmen seiner Werbetour „Kai Wegner vor Ort“ am Montag zu Besuch im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Von vorneherein war klar, dass er dort nicht wirklich willkommen sein würde. Die Polizei schirmte die Veranstaltung mit einer Einsatzhundertschaft und eine Vielzahl Hamburger Gitter ab, um Besucher*innen von Protestierenden zu trennen.
Letztlich waren es rund hundert Demonstrant*innen, die am Statthaus für „einen umfassenden Ausbau sozialer Maßnahmen“ protestierten – und natürlich gegen den geplanten Zaun um den Görlitzer Park. Drinnen wollte sich Wegner den Fragen der Kreuzberger*innen widmen, auch zum „Elefant im Raum“, wie Wegner den Görli-Streit nannte.
Doch der Einlass war nur nach vorheriger Anmeldung möglich und stark begrenzt, sodass die rund 100 Sitze nur zu zwei Dritteln belegt waren: von zumeist kritischen Bürger*innen, einigen Journalist*innen und wenigen Fans. In der zweiten Reihe saß der Kreuzberger CDU-Rechtsaußen Kurt Wansner mit einer kleinen Gruppe von Claqueuren, augenscheinlich von der Jungen Union. Zwei Zivilbeamte und vier Personenschützer behielten alles im Blick.
„Helfen sie den Menschen“
Senatspressesprecherin Christine Richter moderierte die Veranstaltung und teilte die teils vorab gestellten Fragen in drei Blöcke ein. Die Fragenden beklagten etwa die „unhaltbaren Zustände“ durch die Vertreibung von Obdachlosen aus der U8, fehlende Unterkunftsmöglichkeiten und Hilfsangebote für Drogenabhängige und psychisch Kranke und den aus ihrer Sicht nutzlosen Zaun um den Görlitzer Park. „Lassen Sie bitte davon ab, diesen Zaun zu bauen und helfen Sie den Menschen“, sagte eine Frau eindringlich, die sich als BVV-Abgeordnete vorstellte.
Doch davon wollte Wegner nichts wissen. Er betonte mehrfach die inhaltlichen Schnittmengen mit Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) und argumentierte trotzdem, dass ein Zaun um den Park notwendig sei.
Ein Großteil des auf dem „Sicherheitsgipfel“ im September 2023 bereitgestellten Geldes sei für soziale Maßnahmen vorgesehen, schob Wegner noch vor, um dann den inhaltlichen Fokus auf den „Hotspot der Kriminalität“ und die Polizeiarbeit zu legen. Die Grünanlage solle auch für „Kinder und ältere Menschen“ nutzbar sein, sagte er und lobte den Kinderbauernhof.
Der Zaun sei ihm von der Polizei angeraten worden: Die Einsatzstunden der Polizisten sollten aus dem Park in die Wohngebiete verlagert werden. Dennoch hätten präventive Maßnahmen einen höheren Stellenwert als repressive, erklärte er. Auf konkrete Maßnahmen im Park angesprochen, redete er von hellem Licht, Heckenpflege und Parkläufern. Der Fanclub neben Kurt Wansner spendete Applaus.
Weniger Zeit blieb danach für Fragen zu anderen Themen wie Infrastruktur, der gerechten Bezahlung sozialer Arbeit sowie der Kooperationsvereinbarung mit den landeseigenen Wohnunternehmen. Wegner wirkte dann auch müde. Er äußerte für fast jede Frage Verständnis, um dann auf die Versäumnisse der Vorgängerregierungen oder den Bund zu zeigen. Beim Thema Verkehrswende wurde es lauter, der geforderten Hauptstadtzulage erteilte er eine Absage.
Nach der Veranstaltung wurde Wegner von einigen Unterstützern umringt. Doch seine Kritiker*innen konnte er nicht überzeugen. Drei von ihnen standen nach der Veranstaltung draußen und rauchten. „Ich fands nicht gut“, urteilte die BVV-Abgeordnete, „es waren immer nur Allgemeinplätze.“ Der Regierende habe sich in vielen Sachen selbst widersprochen und Äpfel mit Birnen verglichen, ergänzte eine weitere Teilnehmerin. „Zum Beispiel, wenn man über den Görlitzer Park redet und dann spricht er auf einmal über den Zaun um das Tempelhofer Feld. Das sind völlig verschiedene Sachlagen, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben.“
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