KURZKRITIK VON JAN ZIER : Ikonen der Bildgeschichte
Es ist eine Ausstellung mit Déjà-vu-Effekt. Nicht wenig Bildikonen hat Gisèle Freund (1908-2000) erschaffen – Bilder, die sich im allgemeinen Gedächtnis bis heute mit dem Namen jener verbinden, die sie zeigen. Bei Simone de Beauvoir etwa ist das so, bei James Joyce oder bei Virginia Wolff.
Zugleich war Freund in vielerlei Hinsicht eine Pionierin ihres Metiers: Die Autodidaktin war das erste weibliche Mitglied der Fotoagentur Magnum und 1938 eine der ersten, die mit Farbe arbeiteten. Und sie hat mit einem Standardwerk der Fotografiegeschichte promoviert.
Dass 140 ihrer „Portraits und Reportagen“ jetzt im Focke-Museum zu sehen sind, mag irritieren – ähnlich wie im Jahr zuvor die Schau von Andreas Feininger. Beide haben keinen Bezug zur bremischen Geschichte. Es sind Dokumente der Zeitgeschichte. Jene über das luxuriöse Privatleben der Argentinierin Evita Péron haben sogar internationale Krisen ausgelöst.
Freunds Verdienst ist es, auch die großen Künstler und Intellektuellen porträtiert zu haben, ohne sie zu heroisieren. Ihre Fotos wirken ungemein menschlich, sehr authentisch, fast privat. Dafür nahm sie bisweilen auch handwerkliche Schwächen in Kauf. Ohne dass es stören würde.
Bis 4. Oktober im Focke-Museum