KURZKRITIK VON HENNING BLEYL : Brauhauskellerspielereien
Die Sequenz ist stark: Frauke Scharf tanzt mit Barbie. Die Mutter aller Mädchenpuppen ist auf ein Stück Stoff projiziert, exakt in Lebensgröße der Tänzerin. Scharf tanzt mit ihr, verschmilzt mit ihr, verschwindet in ihr. Klassischer Illusionismus demaskiert die Allgegenwärtigkeit des Role Models – ein ausgesprochen gelungenes Konzept für ein Tanzsolo.
Die Barbie-Nummer steht nicht zufällig am Ende von „Métro Cadence“, der ersten Choreografen-freien Arbeit der Bremer Tanzcompagnie: Sie ist der Höhepunkt eines ansonsten etwas in die Länge gezogenen Ausprobier-Abends. Nach einem ekligen Triebmord als Initialsequenz leert sich ein Füllhorn an Soli und Duetten, deren – nach Barbie – bestes Element jedoch das einzige Quartett ist: U-Bahn-Controletti Thomas Bünger windet sich angesichts einer Schwarzfahrer-Gang um eine Lautsprecherstange, als stünde sie auf einer Rotlichtbühne.
„Métro Cadence“ ist das Ergebnis einer Vor Ort-Recherche, drei Tage haben die Mitglieder der Compagnie in den Pariser Verkehrskatakomben nach Inspiration gesucht. Doch das Kaleidoskopartige, akustisch materialisiert durch das Aufeinanderprallen musikalischer Fragmente, macht die Spannungsbögen kleinteilig. Der Brauhauskeller, eigentlich liebevoll zum U-Bahn-Entree umgestaltet – schon das Gewölbe wäre ja als gemauerter Metro-Waggon interpretierbar – bekommt Beliebigkeit. Die immerhin ist sehenswert.
Heute und Samstag im Brauhauskeller, jeweils 20.30 Uhr