KURZKRITIK: HENNING BLEYL ÜBER ROMEO & JULIA : Albern und anrührend
Der Spagat ist beachtlich: In ihrer aktuellen Inszenierung von „Romeo und Julia“ schafft es die Bremer Shakespeare Company, sowohl das Bedürfnis nach Didi-Hallervorden-Humor als auch nach großer Liebestragik zu befriedigen.
Für die Kalauer-Ebene hat sich Regisseurin Nora Somaini eine Rahmenhandlung ausgedacht: Ausgeburnte Managerinnen machen eine Art Psychodrama-Seminar, nach dem kollektiven Zähneputzen und etwas Körperarbeit – dafür hat die Company eigens eine Qigong-Trainerin engagiert – verwandelt man sich sukzessive in Veroneser Patrizier. Und dort, auf den Gassen und unter dem berühmten Balkon, geschieht dann tatsächlich etwas – anrührendes, starkes Theater.
Nun ist der Therapie-Witz eigentlich eine Errungenschaft der frühen 80er, was dem Amüsement dies- und jenseits der Bühnenkante aber keinen Abbruch tut. Das alberne Geplänkel ist ohnehin sofort vergessen, wenn Markus Seuß und Theresa Rose als Protagonisten-Paar loslegen: Sie steigern sich derart intensiv in ihr klandestines Liebesdrama, dass die Existenzialität der Frage, ob gerade Nachtigall oder Lerche singen – ob also schon der Morgen graut und man sich deswegen trennen muss –, noch für den naturentfremdetsten Betrachter zwingende Dringlichkeit erhält.
Die verwendete Shakespeare-Übersetzung des Company-Mitbegründers Rainer Iwersen kann man mögen oder nicht – gelegentlich neigt sie zur schlichten Pointe, ist in mancher Hinsicht also passend. Davon unbenommen bleiben ein barocker Sprachbild-Reichtum, der immer wieder begeistert – und tolle Schauspieler.