KURZKRITIK: FLUSSVERSCHLAG IN DER GAK : Podest für Ratten und Vögel
Es könnte beispielsweise anfangen zu stinken, also die hängenden Heringe. Auch wäre möglich, dass der fettgebackene Kringel, der schon ziemlich verblasst ist, sich verflüchtigt, abstürzt, davongetragen wird von den Enten am Flussrand oder den Ratten, die dort hausen.
Auch das wäre noch voll im Plan, ja sogar wenn das ganze Holzgestell zusammenkrachen würde, das Florian Hüttner, relativ diskret, vor drei Fenster der Wand zur Weser hin platziert hat – es ließe sich jedenfalls nicht behaupten, dass das nicht gewollt, ein Versehen gewesen wäre: Hüttners „Fluss-Verschlag“, so der Titel seiner Ausstellung in der Gesellschaft für Aktuelle Kunst, besteht aus zwei Teilen. Einer ist besagtes Holzgestell, in das er, an langen Schnüren, diverse Gegenstände – eingeschweißte Fleischwurst, Rinderknochen, ein Hochglanz-Magazin und Meisenknödel – gehängt hat. Part zwei ist wesentlich interessanter: In 99 Zeichnungen erzählt der in Hamburg lebende Künstler die teils imaginäre, teils bereits realisierte Geschichte seines kurzlebigen Holzbauwerks. Es beginnt mit recht sachlichen Planskizzen, setzt sich fort in Bildern, die den Aufbau schildern – und solchen, die Varianten des Verfalls austesten – einschließlich in wüstem Strich entworfener Katastrophen. Die werden wohl nicht eintreten: Den Xynthia-Sturm hat der Verschlag völlig unbeschadet überstanden. Und auch die Vögel zeigen noch wenig Interesse an dem Podest, das sie doch herzlich mit täglich frischer Futterration einlädt, genauso wie die Ratten. Aber: Sich auszumalen, wie es ist, wenn die es in Beschlag nehmen – das ist schön. BES
Bis 9. Mai