■ KURZEMELDER: Multikulturkongreß
Weil es nun doch langsam an der Zeit ist zu definieren, was denn eigentlich die »multikulturelle Gesellschaft« sei, von der jeder modebewußte Völkerfreund viel und gerne redet, findet vom 5. bis zum 7. November im Haus der Kulturen der Welt ein Begriffsdefinitionskongreß statt. Unter dem Titel Kulturelle Vielfalt Europa soll geklärt werden, »welche historischen und politischen Dimensionen dieses Schlagwort begründet haben«. Ferner sollen Denkanstöße gegeben werden in Sachen Zusammenhang der gesellschaftspolitischen Veränderungen, die zu einer »völlig neuen Definition Europas führen werden«, und Aufgaben einer kulturell heterogenen Gesellschaft.
Veranstalterinnen sind die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen, das Kreuzberger Künstlerhaus Bethanien, die Hagener Kulturpolitische Gesellschaft e.V., das Berliner Haus der Kulturen der Welt und die Berliner Senats- und Magistratsverwaltungen für kulturelle Angelegenheiten.
Ausgangspunkt sei die Tatsache, daß die europäischen Völker ungleich stärker als in früheren Jahren ihre Zusammengehörigkeit fühlten und sich gleichzeitig stärker auf ihre eigene Identität besännen. Mit der zunehmenden Verschmelzung ethnischer, sprachlicher und regionaler Elemente in den großen Städten Europas wüchse auch das Bewußtsein von der Besonderheit der unterschiedlichen Kulturen und von der Vielfalt des Gesamten. Die Ungleichzeitigkeiten auf dem Weg zu einem neuen Europa beinhalteten jedoch eine Vielzahl potentieller Konflikte. Wachsender Rechtsradikalismus in einigen westeuropäischen Ländern fände Entsprechungen in nationalistischen und fundamentalistischen Bewegungen in Ost-, Süd- und Südosteuropa.
Auf dem Kongreßprogramm stehen Ausblicke auf eine neue europäische Gesellschaft aus der Sicht von Ost-, West- und Südeuropäern, Zukunftsvisionen von Györgi Konrad (Berufseuropäer, Budapest), Rita Süssmuth (Bundestagspräsidentin, Bonn) und Vishnu Kare (Lyriker, Journalist, Neu-Delhi) und Erfahrungsberichte über Ansätze zu multikulturellen Gesellschaften in Frankreich. Großbritannien, Jugoslawien, Kanada, Schweden und der UdSSR. Erörtert werden sollen ferner die Gefahr einer Abschottung Europas gegenüber der sogenannten Dritten Welt sowie historische Beispiele für multikulturelle Gesellschaften. In einer Zukunftswerkstatt sollen für bestimmte Bereiche der Politik, Kultur, Bildung und Stadtentwicklung konkrete Konzeptionen und Maßnahmen für eine kulturelle Vielfalt Europas erarbeitet werden. Die Schlußdiskussion soll der »mulitkulturellen Stadt« gelten.
Als Referenten werden erwartet: Hammid Barrada ('Jeune-Afrique‘- Chefredakteur, Frankreich), Ewa Chylinski (Ost-West-Forscherin, Jütland), Arezki Dahmani (»France- Plus«-Präsident, Frankreich), Liselotte Funcke (Bundesregierungsbeauftragte für Ausländerintegration, Bonn), Perez Gay (Soziologe, Mexiko), Gavin Jantjes (Maler, Südafrika/GB), Stefi Jersch-Wenzel (Historikerin, Berlin), Dusan Jovanovic (Theatermann, Ljubljana), Danielle Juteau (Soziologin, Montreal), Göran Löfdahl (Unesco- Kommissar, Schweden), Anke Martiny (Kultursenatorin, Berlin), Jürgen Moltmann (Theologe, Tübingen), Nicolaus Tammers (Europaratskulturausschuß-Vorsitzender, Niederlande) und Beate Winkler (Ausländerintegrationsreferentin, Bonn).
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