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Archiv-Artikel

KUNSTRUNDGANG Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Normalerweise ist er bekannt für seine aus Sperrholz, Styropor und anderen Baumarktmaterialien zusammengezimmerten Modelle von astronomischen Phänomenen. Doch als ich in der Galerie Guido W. Baudach im Wedding ankomme, gibt es eine Überraschung. Björn Dahlem hat diesmal kein „schwarzes Loch“ gebaut, auch keine „Milchstraße“, sondern ganz irdisch eine „Insel“. Ziemlich beeindruckend entfaltet sie sich als zackig-kristallines Styroporgebilde in der Weite der Fabriketage, in der sich seine Galerie befindet. Wie auf einer Art betretbarem Hochplateau hat Dahlem in der Mitte der Insel mehrere Vitrinen versammelt, deren Inhalt aus geheimnisvollen Fläschchen, Zweigen, altdeutschen Buchstaben, Lampen und ähnlichem besteht: eine überaus kryptische Mischung aus romantischen Fluchtmotiven, leicht ironischen Sci-Fi-Kulissen im Eigenbauformat und großer Wissenschaftskritik mit den assoziativen Mitteln der Kunst – aber nicht uninteressant; vor allem im wohl überlegten Konstrast aus raumgreifender Imposanz und billigen, „armen“ Materialien. Das Gegenprogramm hatte erst am Abend zuvor der junge amerikanische Künstler Adam Pendleton geliefert – ebenfalls in großformatigen, postindustriellen Räumen, diesmal jedoch bei Haunch of Venison. Wo Dahlem ganz bewusst die Assoziationsvielfalt befördert und dabei jegliche Form von Eindeutigkeit auflöst, übt Pendleton sich im Weglassen. Wo „The Island“ auf strahlendes Weiß setzt, tauchen Pendletons Keramikwürfel ab in glänzendes Schwarz. Wo Dahlem seine Bezüge in der Wissenschaft und damit außerhalb der Kunst findet, arbeitet sich Pendleton an historischen Vorgängern seines eigenen Feldes ab und inkorporiert Minimal Art genauso wie das Werk von Kollegen oder Gedichte von Amiri Baraka, dem Begründer der Black Arts Bewegung. Auch das funktioniert blendend.

Björn Dahlem: The Island; bis 18. April, Di-Sa 12-18 Uhr, Galerie Guido W. Baudach, Oudenarder Str. 16 Adam Pendleton: EL T D K; bis 25. April, Di-Sa 11-18 Uhr, Haunch of Venison, Heidestr. 46