piwik no script img

Archiv-Artikel

KUNSTRUNDGANG Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

„Der durchschnittliche Butthole-Surfers-Fan war männlich und hat vor zehn Jahren Selbstmord begangen, nachdem er sich eine kryptische Nachricht mit dem Lippenstift seiner Mutter auf den Körper geschrieben hatte“, so Paul Leary von den Butthole Surfers 1996 nicht ironiefrei. Vielleicht ist das aber doch der Grund, weshalb sich kaum ein Mann bei der Eröffnung von „Last Call“ an ihre großartige Version von Black Sabbaths „Sweet Leaf“ als „Sweet Loaf“ erinnern konnte. Mehr als 20 Jahre später sind die genialen Avantgarde-Punk-Rocker zurück (20. April, Kulturbrauerei), und ganz zufällig ruft Jen Ray sie einem rechtzeitig ins Gedächtnis zurück. Rays performative Variante, mit der sie voller matriarchalischer Energie auf die ZuschauerInnen einprügelte, irritiert auch nicht minder. Und das nicht nur, weil ein Mann, nämlich ihr Mann Jason Forrest, eine unsichtbare, wenn auch nicht unüberhörbare Rolle spielt. Was es zu überdenken gilt, gerade wenn frau so offensichtlich mit amazonenhaften Frauenbildern spielt und visuelle Klischees durch einen Mann akustisch konterkariert werden. Vielleicht ist es aber auch ausreichend, sich der Atmosphäre aus einer Mischung von Mad Max und Buffy hinzugeben. Oder die Bilder im Nebenraum zu betrachten, die das Verpasste skizzenhaft vorwegnehmen und auch irgendwie die Realität zeigen. Denn: 88 Prozent der Männer haben Angst vor Frauen. Wohl auch deshalb sagt in „Sweat Loaf“ der Vater zum Sohn, er solle der Mutter „Satan, Satan, Satan …“ entgegenbrüllen. Etwas, das man den AnhängerInnen des Black Metals, die der Fotograf Peter Beste in Norwegen getroffen hat, auch zutraut. Doch leider ist Beste als Fan so von der Szene gefangen, dass es nicht weiter als zu einem voyeuristischen Einblick reicht. Kein Bruch, kein Kommentar. Nur Blut, böses Gucken, Natur und der Antichrist. In Farbe und Schwarzweiß.

Jen Ray: Last Call, bis 25. April, Di–Sa 11–18 Uhr, Galerie Jan Wentrup, Tempelhofer Ufer 22 Peter Beste: True Norwegian Metal, bis 28. April, Mo–Fr 12–20, Sa 12–19 Uhr, pool gallery, Tucholskystraße 38