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KOMMENTAREWiderrechtliche Einmischung

■ In Afrika gelten anscheinend immer noch andere Gesetze als in Europa

Während europäische Politiker sich wochenlang den Kopf darüber zerbrechen, ob ein Eingreifen in Jugoslawien dem Frieden dienen würde oder nicht, brauchten Frankreich und Belgien gerade einen Tag, um Fallschirmjägereinheiten in das brodelnde Kinshasa zu schicken. Dieselben Diplomaten, die am Sitz der Vereinten Nationen in New York im Laufe dieser Woche Resolutionsentwürfe zu Jugoslawien verwässert und zerredet haben, einigten sich in Flurgesprächen über eine Militärintervention im Herzen Afrikas. Begründet wird diese zwar mit dem Schutz von Europäern — in der Praxis aber bewahrt sie eine der berüchtigsten Diktaturen vor dem Sturz.

Es ist nicht nur der alte Kolonialreflex, der dazu führt, daß französische Soldaten jetzt Mobutus Präsidentenpalast schützen. Zaire spielt seit der Kongo-Krise der sechziger Jahre, als die Vereinten Nationen militärisch gegen belgisch unterstützte Separatisten eingreifen mußten, eine Sonderrolle in der westlichen Afrika-Strategie. Es bildet den südlichen Teil einer „Achse“, die von der libyschen bis zur angolanischen Grenze reicht und über Tschad, die Zentralafrikanische Republik und Zaire selbst ein Rückgrat europäischer Militärpräsenz und aktiver politischer Einflußnahme auf dem gesamten Kontinent darstellt. Bislang diente die „Achse“ dazu, Gaddafi im Norden und die Kubaner im Süden kleinzuhalten. Seit Dienstag ist klar, daß sie weiterlebt, obwohl der Ost-West-Konflikt aus Afrika verschwunden und Libyen politisch neutralisiert ist. Auch heute bleibt sie Standort einer Anmaßung, politische Entwicklungen nach fremden Interessen zu steuern.

Mit dem Prinzip eines Rechts auf Intervention, das allmählich in das Völkerrecht Eingang findet, ist das französische Gebaren in Kinshasa nicht zu vereinbaren. Was die Pariser Ziele sind, machte unlängst Frankreichs Außenminister seinen afrikanischen Amtskollegen deutlich: „Demokratie ja; Anarchie unter dem Deckmantel der Demokratie nein.“ Osteuropäischen Ministern hätte er einen solchen Satz wohl kaum gesagt. Das Recht auf Einmischung gründet sich auf der in den osteuropäischen Revolutionen begründeten Einsicht, daß dem Prinzip der Selbstbestimmung Vorrang gegenüber dem der staatlichen Stabilität gebührt. Doch Zentralafrika gilt anscheinend nach wie vor als Hinterhof, der dem Pariser Stabilitätsinteresse überlassen wird — zum Schutz eines korrupten und repressiven Willkürherrschers, eines Systems der Anarchie unter dem Deckmantel der Diktatur. Dominic Johnson

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