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KOMMENTAREKrieg zweier Staaten

■ Jugoslawiens diplomatischer Status ist obsolet geworden

Wenn es bisher noch Zweifel gab, seit Donnerstag sind sie ausgeräumt: im ehemaligen Jugoslawien geht es jetzt nicht mehr um einen Bürgerkrieg, sondern um einen Krieg zwischen zwei Staaten, nämlich Serbien und Kroatien. Indem das jugoslawische Staatspräsidium auf ein serbisch-montenegrinisches Gremium beschränkt wurde, indem die Funktionen der Bundesregierung durch Serbien übernommen wurden und indem Verteidigungsminister Kadijevic offen und klar die Ziele der Armee mit denen der serbischen Politik gleichsetzte, hat der Staat Jugoslawien aufgehört zu existieren.

Der Zerfall des Staates wird jetzt nicht mehr nur dokumentiert durch kriegerische Auseinandersetzungen zwischen zweien seiner Republiken, bei denen sich die Führung der Armee auf eine Seite schlug. Das Ende des Staates — und dies muß jetzt auch in aller Welt zur Kenntnis genommen werden — fand durch die Usurpation des Gesamtstaates durch Serbien statt. Dieser Umstand wird dramatische Rückwirkungen auf Bosnien und auch Mazedonien haben. In jenen Republiken also, deren Repräsentanten noch versuchten, politische Kompromisse im Interesse der Begrenzung des Krieges zustandezubringen.

Die politischen Koordinaten im ehemaligen Jugoslawien sind somit in eine neue Konstellation gerückt. Dies haben nun sogar die europäischen Regierungen bemerkt. Fraglos hat sich deren Diplomatie seit Monaten nicht gerade mit Ruhm bekleckert, hat doch ihre Strategie mehr zur Förderung des Konflikts als zu dessen Lösung beigetragen. Der Bogen des Versagens zieht sich vom Kredit für Markovic im Juni, der vom Militär als Unterstützung Europas für den Erhalt des Gesamtstaates und damit seiner Politik bewertet wurde, bis hin zum vagen Versprechen der diplomatischen Anerkennung Kroatiens und Sloweniens, falls die Kämpfe sich ausweiteten. Wenn jetzt jedoch von einem Militärputsch die Rede ist, kann dies nur auf Absichten bezüglich einer militärischen Intervention deuten. Damit würden die (west-)europäischen Staaten sich zur Partei im Krieg erklären, mit allen Konsequenzen, die damit verbunden wären.

Die Zeit drängt, sicherlich. Doch es ist keineswegs ein Versuch des geistigen Cordon sanitaire, Kurzschlüsse zu vermeiden. Die sofortige Aberkennung des diplomatischen Status der Republik Jugoslawien und die gleichzeitige diplomatische Anerkennung aller Repubiken eröffnet Möglichkeiten, auf alle Beteiligten gleichermaßen Druck auszuüben. Angesichts der Bedeutung von Erinnerung und Geschichte für den Ausbruch des serbisch-kroatischen Krieges muß schon jetzt die zukünftige Ordnung im Nachkriegsbalkan mitgedacht werden. Niemandem kann, auch bei Erzwingung des Waffenstillstands durch westeuropäische Truppen, an der Entwicklung eines langanhaltenden Terrorismus der einen oder anderen Seite gelegen sein.

Die Beantwortung der Frage, wie die im Nachkriegsjugoslawien durch das Politbüro der Kommunisten gezogenen Grenzen neu definiert werden könnten, soll weder von den Militärs noch den nationalistischen Extremisten aller Schattierungen entschieden werden dürfen. Zu einer Einflußnahme von außen gehört deshalb unabdingbar das Versprechen demokratischer Lösungen gerade bei dieser Frage, die doch der eigentliche Kriegsgrund ist. Erich Rathfelder

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