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KOMMENTAREBundesbahn weiß nicht wohin

■ Die Privatisierung ohne ein vorausgehendes neues Konzept führt zu nichts

Die Zukunft der Schienenverkehrssysteme hat gerade erst richtig begonnen. Geboren im 19.Jahrhundert, als entscheidender Motor jener explosionsartigen Entwicklung von Industrie, Großstädten und Verkehr, hat die Schiene das Zeitalter der Verkehrsirrwege von Flugzeug und Auto im Dämmerschlaf überdauert. Jetzt gilt es aufzuwachen. Straßenbahnen in den Städten, Eisenbahnen für den Rest — zu dieser Verkehrsorganisation der Zukunft gibt es keine Alternative.

Die europäischen Bahnen müssen ihre Leistungsfähigkeit in den nächsten acht Jahren verdoppeln, soll die inzwischen auch von Wirtschaft, EG-Kommission und Umweltministern geforderte Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene gelingen. Die deutsche Bundesbahn ist für diese Herausforderung nicht gewappnet.

45 Jahre Wirtschaftswunder und Automobilismus haben die Bahnbürokratie zwar nachhaltig verunsichert, sie in vielen Transportfeldern zu halsbrecherischen Anpassungsmanövern veranlaßt — über ihre zukünftige Rolle im Transportmarkt weiß sie dennoch nicht Bescheid, ja, sie weigert sich sogar, hier eine klare Standortbestimmung vorzunehmen. Die jetzt angekündigte Privatisierung und Zerschlagung des gewaltigen Bundesbahnapparates ist der zweite oder dritte Schritt vor dem notwendigen ersten Schritt: Die Bahn muß ihre zukünftige verkehrspolitische Rolle definieren, bevor sie ihre Strukturen reformiert.

Richtig an der Privatisierung ist nur eines: In der heutigen Rechtsform ist die DB nicht handlungs-, geschweige denn reformfähig. Die Bahn hat kein Konzept für den flächendeckenden Güterverkehr. Sie ist ahnungslos, wie sie den Nahverkehr gestalten soll, mit dem weit mehr als 90 Prozent aller DB- Kunden befördert werden — und sie zuckt nur still die Achsel, wenn es um die Konzeption eines euro- weiten Schnellverkehrssystems geht.

Die Hoffnung, per Privatisierung auch auf neue Ideen und zu tragkräftigen Konzepten zu kommen, ist trügerisch. Viel wahrscheinlicher dagegen, daß die jetzt präsentierten Privatisierungsmodelle zu einer falschen Anpassung an das aktuelle Subventionschaos im Verkehr führen, jene Scheinmarktwirtschaft von höchstsubventioniertem Binnenschiff-, LKW-, Flugzeug- und PKW-Verkehr.

Notwendig wäre der umgekehrte Weg: Die Bahn wird zum zentralen Massenverkehrsmittel für Güter und Menschen bestimmt und entwickelt daraus ein Modell dezentraler und arbeitsteiliger effizienter Bahnunternehmen, die durchaus auch privatrechtlich und/oder kommunal und regional organisiert sein können. Florian Marten

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