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KOMMENTAREDer DM-Nationalismus der SPD

■ Lafontaine möchte die europäische Währungsunion kippen

Oskar Lafontaine ist kein Freund der halben Sachen. Lavieren liegt ihm nicht, Polarisierung ist in seinen Augen allemal hilfreicher, als Konflikte zu verkleistern. Risiko, das weiß der Saarländer aus Erfahrung, muß sein, denn oft ist die Vermeidung des Risikos viel gefährlicher. Daß man mit diesem Grundsatz auch mal auf die Schnauze fallen kann, hat er bei der Mehrwertsteuerentscheidung billigend in Kauf genommen und es zusätzlich noch geschafft, innerparteilich Klose statt Lafontaine als Verlierer dastehen zu lassen.

Mit seinem jüngsten Anlauf zur Polarisierung droht Oskar Lafontaine allerdings mehr als nur innerparteiliches Porzellan zu zerschlagen. Die Ablehnung der Maastrichter Verträge „aus ökonomischen Gründen“ könnte eine innenpolitische Konstellation schaffen, die die wichtigste außenpolitische Orientierung der Bundesrepublik unterläuft. Seit November letzten Jahres, als klar war, daß auf dem Euro-Gipfel die Einführung einer europäischen Währungsunion tatsächlich zur Abstimmung anstehen würde, heult der größte Teil der veröffentlichten Meinung über den angeblichen Verlust der D-Mark. Was Bild recht war, ist Augstein allemal billig, der seit dem Gipfel kaum eine Woche ausläßt, ohne dem heiligen deutschen DM- Gral nachzuweinen. Seit kurzem hat diese Publizistik ihren erkennbaren Niederschlag in den Meinungsumfragen gefunden. Europa scheint den wiedervereinigten Deutschen nicht mehr so sympathisch wie ehedem, und warum soll man auch für die Portugiesen zahlen, wenn es den Brüdern und Schwestern östlich der Elbe doch auch so schlecht geht.

Die Frage ist nicht, ob Kritik an den Vereinbarungen von Maastricht zulässig ist oder nicht. Eine Währungsunion ohne politische Union birgt Risiken, über die man diskutieren muß. Das eklatante Demokratiedefizit in den europäischen Institutionen, die Alibifunktion des Europaparlaments sind Punkte, an denen die SPD Kohl verstärkt unter Druck setzen müßte, damit die Bundesregierung dafür massiver in Brüssel eintritt. Doch im Gegensatz zu Engholms Kritik in der Sache setzt Lafontaines Sonthofen-Strategie auf billigen Populismus, um Kohl, egal wie, zu treffen. Eines der wenigen wahren Verdienste Kohls seit der Einheit besteht darin, den Deutsch-Nationalen innerhalb und außerhalb seiner Partei in ihrer Ablehnung Europas nicht nachgegeben zu haben. Läßt die SPD nun zu, daß Lafontaine Arm in Arm mit den Gauweilers versucht, Kohl zu stürzen, verhelfen sie nur dem DM-Nationalismus zu einem fatalen Triumph. Jürgen Gottschlich

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