KOMMENTAR: Mitschuld
■ Polizei trieb Bankräuber auf Kamikaze-Tour
Die plumpe Polizeiaktion auf der Autobahn nach Frankfurt ist nur das I-Tüpfelchen auf einer langen Reihe dillettantischer Fehler der Polizeistrategen. Daß die Geiselnehmer nach drei Tagen ohne Schlaf panisch reagieren würden, wenn sie in voller Fahrt auf der Autobahn gestoppt werden – das hat die Polizei in Köln gewußt und damit den Tod der Geiseln bewußt in Kauf genommen. Zu den Banalitäten eines jeden Polzeipsychologen gehört die Erkenntnis, daß Geiselnehmer unter keinen Umständen zusätzlichem Stress ausgesetzt werden dürfen.
Auch in Bremen hat sich die Polizei höchst fahrlässig verhalten. Die sichtbar auf den Dächern postierten Scharfschützen und das dilettantische Taktieren um die Forderung, die 30 Geiseln gegen einen Kripo-Mann auszutauschen, hat die Bankräuber auf ihre Kamikazetour getrieben. Der Gipfel dann am Grundbergsee: Nach Befehl von oben griffen sich die Polizisten eine Komplizin und hielten sie fest. Einer der Gangster drehte durch und erschoß einen Jungen. Bevor die Einsatzleitung zu Journalistenschelte legitimiert ist, sollte sie ihre eigene schweren Fehler eingestehen. Es gibt eine polizeiliche Mitschuld an den Toten.
Holger Bruns-Kösters
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