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KOMMENTARZauberlehrling

■ Der Radio-Bremen-Prozeß läuft und läuft und läuft

Niemand hat es gewollt, aber jetzt passiert es doch: Aus dem kleinen Schneeball einer friedlichen Studio-Besetzung wird die Lawine eines unabsehbaren politischen Prozesses. Der vierte Verhandlungstag gegen den ersten von 17 Angeklagten brachte gestern den ersten Befangenheitsantrag gegen den Richter.

Niemand hat es gewollt. Denn mit den politischen Absichten der Aktion: Protest gegen Polizeiwillkür in der Türkei, ist auch der anklagende Staatsanwalt einverstanden. Um der türkischen Polizei und Justiz auf die Finger zu sehen, schickt die Bremer Bürgerschaft demnächst eine Delegation nach Ankara.

Niemand hat den Prozeß gewollt, aber viele haben dazu beigetragen: Der erschrockene Techniker, der im Studio den Alarmknopf drückte, sich aber dann gut mit den „Gästen“ vertrug. Die Polizei, die die Personalien der „Besetzer“ feststellte. Der Staatsanwalt, der nur demonstrieren wollte, daß niemand ein Studio besetzen darf. Und natürlich die Angeklagten. Sie fordern Freispruch. Mit einer symbolischen Geldbuße auszusteigen, das erschiene ihnen als Verrat an ihrer gerechten Sache. So wird der Prozeß, den niemand wollte, noch eine Weile weitergehen.

Michael Weisfeld

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