KOMMENTAR: Machtlose Erbsen
■ Zweitregister: Große Worte und heimliche Pläne (s.S.18)
Ist das nicht schön? Da stehen sie alle zusammen: die Seeleute aus den norddeutschen Hafenstädten, die Werft-und Hafenarbeiter. „We shall not be moved“, singt der Shanty –Chor mannhaft. Die Worte der Gewerkschafter und des sozialdemokratischen Hafensenators sind rauh und so deftig wie die unvermeidliche Erbsensuppe, die, aus Plastikschüsseln dampfend, die Versammlung abschließt.
Jedoch: Es ist ein Gemeinschaftserlebnis auf einem sinkenden Schiff. Denn die Versammlungsredner haben trotz deftiger Worte längst andere Pläne im Kopf: Die SPD will keinen Kampf gegen das Zweitregister, sondern einen Kompromiß mit den Reedern auf Kosten der Seeleute. Konrad Kunick, der Senator im Rollkragen-Pullover, sieht seit diesem Frühjahr seine Aufgabe in der Hauptsache darin, einem solchen Kompromiß den Weg zu bahnen. Deshalb sind die sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten noch nicht einmal bereit, eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht durchzusetzen. Und der (ebenfalls sozialdemokratische) ÖTV-Vorstand spielt mit. Dagegen kann die gewerkschaftliche Erbsensuppe nicht andampfen.
Michael Weisfeld
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