KOMMENTAR: Neues aus Rostock
■ Heute werden tausende Bremer zu einem Fest erwartet
Wieso soviel über Rostock im Bremer Lokalteil der taz, werden wir hin und wieder gefragt. Gestern abend, zehn Minuten vor Redaktionsschluß, Anruf aus Rostock: 15.000 haben an der Donnerstags-Demonstration, die diesmal unter dem speziellen Thema „NVA-Soldaten“ stand, teilgenommen, auch Soldaten in Uniform. Dominierend der Haß auf die SED, „Ole ole ole – nie wieder SED“ wurde skandiert, die Ankündigung eines SED-Redners mit Pfiffen quittiert. Als der dann über Abrüstung sprach, gab es aber Beifall.
Der SED bröselt die Basis unter den Füßen weg, die Betriebskomitees sollen fast vollständig aufgelöst sein. Anfang der Woche kursierten Gerüchte, die Ostsee-Zeitung, die große Monopol-Zeitung der SED, sollte gestürmt werden. Der Verlag reagiert: Ab sofort ist die Ostsee-Zeitung „unabhängig“, das „SED“ aus dem Titel gestrichen.
Die Oppositions-Gruppen sind in die Villa der SED –Kreisleitung eingezogen. Sie protestieren: Die Telefone funktionieren nicht. Die Post bedauert, die Leitungen nicht schnell wiederherstellen zu können: Die SED war ans Stasi –Sondernetz angeschlossen. Tausende standen am Donnerstag abend vor dem Rathaus, die Menge ruft „Nieder mit der SED!“ Und groß die Erwartungen an die Bremer, die Samstag kommen wollen. Wie kann man von einer Zeitung erwarten, daß sie nicht ausführlich berichtet von einem derartigen – ja was: Volks-Aufstand? Revolution? demokratischen Prozeß? Unsere alten Schlagworte treffen nicht mehr, wir müssen selbst hingucken.
Rostock-Sonderseiten heute 28/9
Klaus Wolschner
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