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KOMMENTARMenschenverachtung

■ Krankenkassen kündigen Solidargemeinschaft

Öffentliches Sterben nannte Ex-Sozialsenator Henning Scherf das Dahinvegetieren hunderter von Drogenabhängigen in Bremen. Und Ärzte meinen halb zynisch, halb hilflos, daß sie bei vielen der Drogenabhängigen den Todesschein ausschreiben könnten und nur noch das Datum nachzutragen bliebe. Vielen der vom Tode Gezeichneten bleibt nur ein kleines Fitzelchen Zukunft: Methadon. Selbst Hoffnungen auf den einfachen Weg falsch sein mögen, die Art und Weise, wie die Krankenkassen versuchen, die sich abzeichnende kleine Bremer Lösung kaputtzureden, zeigt von Menschenverachtung. „Nicht krank“ in ihrem Sinne sind die Abhängigen nach Kasseninterpretation, und nicht Kranke brauchen nun mal nicht geheilt zu werden. Diese höhnische Interpretation, die sich mit irgendwelchen Verwaltungsrichtlinien bürokratisch rechtfertigen läßt, ist die Aufkündigung dessen, wofür die Krankenkassen eigentlich da sind: Statt Solidargemeinschaft Selektion. Und die ist in diesem Falle totsicher.

Holger Bruns-Köster

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