piwik no script img

KOMMENTARBöse Herzbuben

■ Die CDU will den SFB am liebsten völlig demontieren

Im Rundfunkrat des SFB, dem gesellschaftlichen Kontrollgremium, soll eigentlich den Machern und Verwaltern auf die Finger gesehen werden. Schließlich muß ja jede BürgerIn Gebühren zahlen. Doch an dem großen Tisch in der vierzehnten Etage des SFB sitzen mindestens zwei Lobbyisten, denen es nur um zwei Dinge geht: das Wohl des privaten Dudelfunks und den schnellen Niedergang der SFB-»Elendswellen«. Die Vorsitzende des Rundfunkrates Gabriele Wiechatzek (CDU) und ihr Parteifreund Klaus-Rüdiger Landowsky blasen jetzt zum endgültigen Showdown. Weil der dumpfe Privatkanal Hundert,6 allein mehr Einschaltquote habe als alle vier SFB-Wellen, sollten von der Masurenallee in Zukunft nur noch zwei Programme ausgestrahlt werden. Reiner Äther-Darwinismus, der jeglichen Journalismus, der nicht auf CDU-Linie ist, gerne von der Skala drängeln möchte.

Der SFB, »abgeschlagen« hinter Hundert,6, RTL-Radio sowie RIAS, reagiert wie immer — und paßt sich der privaten Konkurrenz an. Programmreform ist angesagt. Diesmal wird nur eine Welle renoviert: SFB 1, das einzige Programm, das noch über zehn Prozent Einschaltquote kommt. Beim Kulturkanal SFB 3 wird dafür gekürzt. SFB 1, die Welle für Berufsberliner Marke »Herz mit Schnauze« soll im neuen Jahr 88 8 (»Achtundachtizgacht«) heißen. Sie wird mit noch mehr Musik à la Wildecker Fettbuben (60 Prozent Schlager und Volksmusik) sowie moderierenden Kalte-Kriegs-Altlasten der Fernseh-Abendschau aufgerüstet.

Man werde damit »wieder in die Köpfe der Berliner kommen«, hofft der Programmchef. Doch die werden wohl weiter lieber das Original hören, wie nach jeder Programmreform. Und der SFB sollte sich darauf besinnen, daß sein gesetzlicher Auftrag nicht die Jagd nach Einschaltqoten, sondern die Versorgung der Bevölkerung mit Information und Unterhaltung ist. Diesen Auftrag haben Verfassungsrichter bestätigt, und da ist es egal, wie Landowsky tönt. Hans-Hermann Kotte

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen