piwik no script img

KOMMENTARJoggen ist gesünder

■ Nur Entkriminalisierung verhindert Haschischmißbrauch

Vor kurzem erklärte der Lübecker Richter Wolfgang Neskovic das Haschischverbot für verfassungswidrig. Es widerspräche dem Gleichheitsgrundsatz, wenn Alkohol erlaubt, das Rauschmittel Cannabis aber verboten sei. Die Berliner Politiker hingegen sagen, Neskovic verwechsele »Äpfel mit Birnen«, weil bereits minimaler Haschischgenuß persönlichkeitsverändernd wirke, ein Drink hingegen nicht. Haschisch müsse verboten bleiben, alleine um die Hemmschwelle hoch zu halten. Deshalb heißt die Devise: Kriminalisierung auf der einen und Suchtprävention auf der anderen Seite. Daß Repression den Haschischkonsum nicht verhindern kann, ist eine Binsenweisheit. Seit 25 Jahren pafft eine Minderheit von Bürgern quer durch alle Gesellschaftsschichten ihr Pfeifchen — ganz egal, ob legal oder nicht. So bleibt als präventives Mittel nur noch die »Aufklärung«. Heckelmann hofft auf die Mitarbeit von Lehrern und setzt auf den pädagogischen Einfluß der Eltern. Abgesehen davon, daß viele Lehrer selbst kiffen, zeigt diese Hoffnung, daß der Innensenator nicht weiß, wovon er spricht. Die jungen Haschraucher der 90er Jahre werfen ihren Joint nicht weg, bloß weil die Alten sagen, Joggen ist gesünder. Im Unterschied zu den 60er und 70er Jahren haben die wenigsten Haschischraucher heute noch die Utopie einer friedfertigen Gesellschaft, für die sich krumm zu legen lohnt. Aus den Kollektivisten sind Individualisten geworden, indem jeder für sich »sein Ding durchzieht«: Statt sich gesellschaftlich zu engagieren, verkriechen sie sich in ihre Nischen. Shitrauchen ist kein Akt der Rebellion, sondern wird im Alltag konsumiert wie Kaffee. Die pädagogischen Faltblätter sind allenfalls Feigenblätter, um die Kriminalisierung abzufedern. Die jungen Kiffer werfen solche Flugblätter in den Müll, ohne sie gelesen zu haben. Das einzige, was diese Kiffer heute zusammenschweißt, ist der Widerstand gegen die Prohibition. So schafft das Strafgesetzbuch eine fragwürdige Identität: Sie igeln sich angewidert nach dem Motto »Rutscht mir den Buckel runter« nur noch mehr ein. Anita Kugler

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen