KOMMENTAR VON RUDOLF BALMER ÜBER DIE ZUKUNFT FRANKREICHS : Sparen, aber ohne Tränen. Geht das?
François Hollandes Regierung will Wachstum und Sparen verbinden. Sie will die Reichen stärker belasten und Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen. Doch ihr Spielraum ist gering, darüber kann auch die einschläfernde Rede des Premiers nicht hinwegtäuschen.
Die Vertrauensabstimmung war für den französischen Premierminister Jean-Marc Ayrault nur eine Formalität. Seine Partei verfügt über die absolute Mehrheit, und auch die Grünen stimmten für ihn. Sie sind loyale Koalitionspartner. Die Abgeordneten der Kommunisten und Linkspartei dagegen enthielten sich. Sie sehen die Wahlparole „Wechsel jetzt“ („Changement maintenant“) doch nur sehr ungenügend umgesetzt. Also demonstrierten sie ihren Unwillen.
Am Vorabend der Regierungserklärung hatte der Rechnungshof eine Bestandsaufnahme der öffentlichen Finanzen unternommen: 2013 sollen mehr als 30 Milliarden Euro in den staatlichen Kassen fehlen. Diese Bilanz dürfte auch dem Letzten klarmachen, wie gering die Handlungsfreiheit der Regierung sein wird. Die Presse kündigte die unvermeidliche Wende zur Austeritätspolitik an und erwartet von Jean-Marc Ayrault, dass er nun Opfer mit Blut und Tränen verheißen werde. Der aber versprach seinen Landsleuten eher unverdrossen, Frankreich zu retten – und zwar just mit dem von François Hollande und ihm angekündigten Spar- und Wachstumsprogramm.
Er leugnete nicht, dass dabei auch schmerzhafte Anstrengungen nötig seien. Sie sollen leichter zu ertragen sein, weil zuerst vor allem die Reichsten am meisten bezahlen sollen. Ob man deshalb die spätestens für 2013 zu erwartenden Restriktionen für alle weniger knurrend und murrend hinnimmt, ist eine andere Frage. Am Tabu der Zahl der Beamten und deren Besoldung wird erst zaghaft gerüttelt. Alle Ausgaben, die nicht absolut prioritär sind (wie für Erziehung, Justiz und innere Sicherheit), stehen auf dem Prüfstand. Hollande hat sich im Gegenzug zum Wachstumspakt auf eine Schuldenbremse verpflichtet.
Nur eben Tränen soll es dabei nicht geben. Ayrault appelliert an das patriotische Gewissen der Citoyens und kündigte ihnen als Trost 150.000 „Zukunftsjobs“ an, um die Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Damit soll die Rechnung in sozialer und moralischer Hinsicht stimmen. Fürs Erste.
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