KOMMENTAR VON LUKAS RAMSAIER ÜBER BÖSE FIRMEN UND GEMÜSE MIT DELLEN : Her mit der B-Ware!
Wir wissen es längst: Wir wissen es aus Filmen wie „Taste the Waste“. Wir wissen es vom eigenen Hausmüll. Wir wissen, dass wir viel zu viel Müll produzieren. Doch wenn darüber diskutiert wird, ist es so wie in der Politik: Aktionismus an der falschen Stelle statt vorausschauender politischer Lösungen. Die Finanzkrise versucht man durch noch mehr staatliches Geld für marode Banken zu lösen, der Atomausstieg wird mit umweltschädlichen Braunkohlekraftwerken vollzogen. Und auch beim Müll sucht man an der falschen Stelle nach Lösungen. Sicher sind Ideen wie Container eine tolle Sache. Doch gehandelt werden muss dort, wo der Müll entsteht.
Das Problem: Die Mehrheit ist zu bequem und anspruchsvoll. Es ist zur Gewohnheit geworden, beim Einkaufen immer die volle Auswahl zu haben und nur beste Qualität und Optik vorzufinden. Wir haben uns seltsamen Standards unterworfen. Wir kennen es gar nicht anders. Käse muss ohne Rinde sein, das Gemüse darf keine Druckstellen haben, und wehe, das Verfallsdatum ist beinahe abgelaufen! Wenn wir doch einmal kritisch über unser Konsumverhalten nachdenken, sind immer die „bösen Unternehmen“ schuld, die glauben, dass wir nur „einwandfreie Ware“ wollen. Doch das führt dazu, dass viel zu viel weggeschmissen werden muss, weil die Regale allzeit volle Auswahl bieten. Aber haben wir Verbraucher jemals deutlich gemacht, dass nicht alle so ticken?
Warum nicht mal in die Bäckerei gehen und nach einem Brot vom Vortag fragen? Warum nicht beim Supermarkt eine Kiste Gemüse fordern, das sonst weggeschmissen würde? Es geht nicht darum, etwas billiger oder gar geschenkt zu bekommen, sondern ein Zeichen zu setzen – ein Zeichen, dass auch „B-Ware“ schmeckt und genießbar ist.
Die Lebensmittelindustrie muss merken, dass nicht jeder ihre unethischen Standards teilt. Dass nicht alle so pingelig und anspruchsvoll sind. Doch dazu müssen wir die Initiative ergreifen. Von allein wird die Industrie an der Praxis nichts ändern. Es ist also Zeit anzupacken! Auf dass wir bald in den Zeitungen von verschiedenen Modellen lesen, wie man Müll vermeidet – und nicht, wie man ihn verwertet.