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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH Frauen und Topjobs: Die Glasdecke bleibt

Für Frauen ist die Spitze sichtbar – aber sie kommen nicht bis zu ihr durch

Auch hochqualifizierte Frauen bleiben in vielen Unternehmen oft im mittleren Management hängen. Die Vorstandsebene bleibt männlich dominiert. Für Frauen ist die Spitze zwar sichtbar, aber sie kommen nicht bis dahin. Soziologen sprechen von einer „glass ceiling“, einer unsichtbaren gläsernen Decke, an die Frauen in der Wirtschaftswelt oft stoßen.

Frauen, die diese unsichtbare Barriere mit Hilfe des Antidiskriminierungsrechts durchbrechen wollen, haben es nun wieder etwas schwerer. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt entschied, genügt eine bloße Statistik über männlich dominierte Führungsetagen nicht, um die Beweislast in Diskriminierungsprozessen umzudrehen. Ein bahnbrechendes Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg wurde damit wieder aufgehoben.

Die Berliner Richter hatten es 2008 als klaren Hinweis auf diskriminierende Strukturen gewertet, wenn bei einem Unternehmen von 27 Führungsposten kein einziger an eine Frau ging.

Das Berliner Urteil hätte alle Unternehmen gezwungen, ihre Leitungsebene besser zu durchmischen, um im Klagefall nicht schon von vornherein Nachteile zu haben. Das Urteil hätte zwar keine ausdrückliche Frauenquote in den Vorständen der Privatwirtschaft eingeführt, aber doch tendenziell so gewirkt. Und das war wohl auch die Absicht der Berliner Richter. Kein Wunder, dass konservative Wirtschaftsvertreter das Urteil für gefährlich hielten und es jetzt in der Revision vom Bundesarbeitsgericht abräumen ließen.

Dabei kann man mit der Rechtsprechung des BAG durchaus leben. Die Erfurter Richter erkennen nämlich an, dass Statistiken ein wichtiges Indiz für eine diskriminierende Praxis sein können – aber eben nur ein Indiz und nicht das einzige. In einem diskriminierenden Unternehmen wird es meist genügend andere Indizien und Parallelfälle geben, sodass Klagen gegen die „gläserne Decke“ weiter möglich bleiben.

Der Gesetzgeber sollte die Modernisierung der Unternehmenskultur aber nicht einzelnen mutigen Frauen überlassen. Er sollte vielmehr endlich branchenspezifische Quoten für die Führungsebenen von größeren Firmen einführen – und zwar nicht nur in den Aufsichtsräten (wie derzeit diskutiert wird), sondern gerade auch im Topmanagement, also dort, wo wirklich die Musik spielt.