KOMMENTAR: JAN KAHLCKE ÜBER NEUE SANKTIONEN IM STRAFRECHT : Den Richtern mehr Auswahl
Das deutsche Strafrecht ist unflexibel: Haft auf der einen, Geldstrafen auf der anderen Seite. Dazwischen gibt es nur noch die Bewährung, falls dem Gericht die Haft zu gravierend erscheint. Für die Opfer von Straftaten wirken Bewährungsstrafen aber häufig wie ein Freispruch.
Den Gerichten eine differenziertere Palette von Sanktionen an die Hand geben zu wollen, klingt gut: Führerscheinentzug etwa kann ein Mittel sein, einen gewalttätigen Choleriker in die Schranken zu weisen – gerade in Milieus, in denen die PS-Zahl die soziale Stellung mitbestimmt. Aber die Existenz eines Berufsfahrers auf diesem Wege zu vernichten, wäre Unfug.
Das Allheilmittel ist „Lappen weg“ also sicher nicht. Warum nicht Arbeitsauflagen für Erwachsene verhängen? Oder Näherungsverbote, die bisher umständlich in zivilrechtlichen Verfahren erstritten werden müssen? Im Einzelfall kann sogar ein wie auch immer kontrollierter Hausarrest vernünftig sein – weil er zwar eine Art von Freiheitsentzug ist, aber weniger gravierende Resozialisierungsprobleme nach sich zieht.
Um zwischen der individuellen Struktur des Täters und dem Schutzinteresse von Staat und Gesellschaft abzuwägen, arbeiten sich ja die Gerichte in das Geschehene ein. Wenn sie mehr Instrumente haben, um Gerechtigkeit herzustellen, lohnt sich das umso mehr.
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