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Archiv-Artikel

KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER LEICHEN Diktierte Ethik

Dass sich an der Körperwelten-Schau ethische Debatten entzünden ist gut, unabhängig vom Ausgang. Denn das Vermögen, ethische Urteile zu bilden, bilden Schulen meist nur spärlich aus. Umso schlimmer aber, dass und vor allem wie die Schulleitung des Hermann Böse Gymnasiums (HBG) aufgrund von veralteten Gerüchten den Ausstellungs-Besuch verboten hat.

Denn, gestützt auf allgemeine „ethische Gründe“ und die angebliche Unvereinbarkeit der Ausstellung mit der „Menschenwürde“, signalisiert sie: Ende der Debatte. Ethik, Menschenwürde – die Begriffe missbraucht die Schulleitung als so inhaltsarme wie unangreifbare Schlagworte, um Schweigen herzustellen. Und genau deshalb rennt die Vize-Direktorin durch die Stadt und nennt die Ausstellung „perversen Schwachsinn“. Wetten, dass Sie nicht mal drin war?

Andere Einrichtungen haben das Thema offen diskutiert: So haben Kollegium und SchülerInnen der Gesamtschule Mitte gemeinsam beschlossen, dass ein Körperwelten-Besuch keine Pflichtveranstaltung sein darf. Im HBG aber hat die Schulleitung solche Diskussionen abgewürgt. Vor diesem Hintergrund ist es fatal, dass Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper deren autoritäre Attitüde forsch als Verwirklichung der Idee eigenverantwortlicher Schule rühmt. Die nämlich wäre laut Schulgesetz gerade „durch die demokratischen Prinzipien entsprechende Einbeziehung aller Beteiligten“ zu entwickeln. Und nicht durch eine diktierte Ethik.