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Archiv-Artikel

KOMMENTAR: ANDREAS WYPUTTA ÜBER NIEDERSACHSENS VERKEHRSPOLITIK Simulierte Bürgerbeteiligung

Das große Wort Bürgerbeteiligung wird damit natürlich zum schlechten Witz

Niedersachsens sozialdemokratischer Verkehrsminister Olaf Lies hat die Nase voll von Umweltschützern, Verkehrsexperten und anderen Kritikern, die ihm geliebte Straßenneubauten wie die Küstenautobahn A 20 oder die A 39 kaputtreden wollen. Klimakatastrophe und kommender Erdölknappheit zum Trotz: Lies glaubt an den Gütertransport per LKW-Verbrennungsmotor. Nur der großzügige Aus und vor allem der Neubau von Straßen sichere Niedersachsens Konkurrenzfähigkeit und damit Arbeitsplätze, basta.

Basta? So autoritär wie Ex-Kanzler Schröder kann der stellvertretende SPD-Landeschef natürlich schon aus Rücksicht auf den grünen Koalitionspartner, der im Landtag die Ein-Stimmen-Mehrheit sichert, nicht auftreten. Um seine Kritiker trotzdem auszuschalten, will Lies deshalb jetzt eine Art Bürgerbeteiligung simulieren lassen: Online sollen BürgerInnen „Anregungen“, ja sogar „Einwände“ gegen den Bau neuer Straßen einbringen können.

Der Sinn dahinter: Lies will Unterstützer mobilisieren – und sagt das auch: Bisher hätten „sich bei Großprojekten die Gegner besonders lautstark zu Wort gemeldet“. Und die Befürworter? Gehören leider viel zu oft zur „schweigenden Mehrheit“.

Seiner Sache sicher ist sich der Minister aber nicht. Von demokratischen Abstimmungen will Lies nichts wissen. Endgültig entscheiden soll bitteschön sein Ministerium – das die Neubauten selbst geplant hat. Warum seine Beamten welche „Anregung“ aufgreifen, welche verwerfen: Nicht einmal das will der Minister öffentlich mitteilen.

Das große Wort Bürgerbeteiligung wird damit natürlich zum schlechten Witz. Mitreden sollen die BürgerInnen zwar dürfen – mitbestimmen aber nicht. Minister Lies muss deshalb schleunigst klarstellen, wer welche Argumente nach welchen Kriterien gewichtet. Klar ist nur eins: Die Entscheider dürfen nicht seine Ministerialen, sondern müssen unabhängige Fachleute sein.

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