KOMISCHE FRAGEN : Angezeigt
Es ist sehr schlau, vor dem Feiern noch etwas zu essen. Da ich Trash trinken werde, kann ich auch vorher Trash essen, vom Asia-Imbiss. „Einmal Chinabox 2 bitte, ohne Fleisch“, sage ich. „Zum Hieressen oder Mitnehmen?“ fragt der Verkäufer. „Mitnehmen“, sage ich, wie immer eigentlich. „Warum?“, fragt er. Ich verstehe ihn nicht. Er fragt nochmal: „Warum? Warum willst du nicht hier essen? Du kannst hier sitzen.“ Er guckt ziemlich genau wie ich, wenn ich meinen Freund bitte, etwas für mich zu tun, was ich auch selbst tun könnte, wenn ich nicht die Prinzessin wäre. „Äh, weil ich wegmuss“, lüge ich. Er guckt bockig und nickt, so wie ich, wenn mein Freund nein sagt. Ja, warum will ich lieber in einem dunklen, lauten, heißen, muffigen Club feiern gehen, als in dem leuchtstoffröhrigen, ungemütlichen, klebrigen Asia-Imbiss zu sitzen? Immer diese Fragen.
Egal. An der Ampel auf der anderen Straßenseite wartet eine Oma. Braune Mütze, brauner Mantel. Es wird gelb und rot für die Autos, aber noch nicht grün für die Leute. Ich gehe schon mal zur Mittelinsel, weil kein Auto kommt. Plötzlich fängt die Oma an mit den Armen zu fuchteln.
Mit einem Pelzmantelarm zeigt sie auf mich, mit dem anderen winkt sie dem Auto zu, das jetzt an der Ampel wartet. Erst jetzt verstehe ich, was sie will. Das Auto ist ein Polizeiauto und sie will mich sozusagen direkt physisch anzeigen, weil ich bei Rot über die Straße gehe. Wie bekloppt ist die denn? Im Gesicht sieht sie aus wie Honecker mit lila Lippenstift, also hässlich. Ihr erhobener Arm, der auf mich zeigt: ein klarer Hitlergruß. Die Übel der Geschichte stecken in dieser Frau. Oh, wenn sie das nur wüsste, sie würde nicht so auffälligen Lippenstift tragen. „Scheiß Pelzmantel“, rufe ich, als sie an mir vorbeigeht. Ich finde ja, man muss sich echt nicht für alles rechtfertigen, aber für manche Sachen schon. MARGARETE STOKOWSKI